Hintergrund: Verbindungen der AfD zur extremen Rechten in Thüringen – 13 Beispiele

Am 11. Juli 2016 titelte die Thüringer Allgemeine „Verfassungsschutz: Keine Kontakte der AfD zu rechten Szene“ und bezog sich auf die Thüringer Landesverband der AfD. Beobachter dürften sich verwundert die Augen gerieben haben: Wie kann eine Behörde, die die AfD gar nicht beobachtet, beurteilen, zu welchen Personen oder Organisationen diese eben keinen Kontakt hat und gibt es nicht gerade bei der AfD in Thüringen auffällig viele Verbindungen nach Rechtsaußen? Wir stellen hier nochmal 13 Beispiele vor, um die Existenz solcher Verbindungen zu untermauern.

  1. Beitrag in der TA vom 11. Juli 2016

    Beitrag in der TA vom 11. Juli 2016

    Enger Austausch mit der Identitären Bewegung Thüringen

  2. Stellvertretender Vorsitzender der AfD Südthüringen ein Neonazi
  3. AfD-Mitarbeiter bei extrem rechten Burschenschaften
  4. Abgeordnete Corinna Herold mit Verbindungen zu rechter Bürgerwehr und Neonazis
  5. Nordthüringer AfD-Unterstützer bei Razzia wegen Hasskommentaren durchsucht
  6. Fraktionsvorsitzender Höcke als Kulminationspunkt völkischen Denkens
  7. AfD-Aufmärsche in Erfurt mit NPD, Die Rechte, Europäischer Aktion und rechten Hooligans
  8. Verbindungen zu „EinProzent“
  9. Weitere Verbindungen früherer AfD-Aktivisten: Abneigung gegen Ausländer „biologisch normal“ und die „Ausschwitzlüge“
  10. Unterstützung aus AfD-Kreisen bei Neonazis in Thüringen
  11. „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ – Funktionär der AfD-Jugendorganisation veranstaltet regelmäßig Kundgebungen mit der NPD
  12. Thomas Rudy – probt mit Neonazis den „Sturm auf Berlin“
  13. „Altenburger Bürgerforum“ und „Bürgerforum Ostthüringen“ – Militante Neonazis, AfD-Abgeordnete und Mitarbeiter geben sich die Klinke in die Hand

1. Enger Austausch mit der Identitären Bewegung Thüringen

Kevin Schulhauser, bis 2014 NPD-Landesschulungsleiter, trat für die NPD zu Landtags und Bundetagswahlen an, heute stellvertretender Regionalleiter der „Identitären Bewegung Thüringen" auf der 1. AfD-Demonstration am 16. September 2016 in Erfurt

Kevin Schulhauser, bis 2014 NPD-Landesschulungsleiter, trat für die NPD zu Landtags und Bundetagswahlen an, heute stellvertretender Regionalleiter der „Identitären Bewegung Thüringen“ auf der 1. AfD-Demonstration am 16. September 2015 in Erfurt

Identitäre auf der AfD-Demonstration am 30. Oktober 2015 in Gera

Identitäre auf der AfD-Demonstration am 30. Oktober 2015 in Gera

Die Identitäre Bewegung (IB) ist eine völkisch-nationalistische Spielart der neuen Rechten, die den großen „Bevölkerungsaustausch“ halluziniert und dabei Aktionismus sowie popkulturelle Stilmittel in den Vordergrund rückt. Laut der Thüringer Allgemeinen vom 11. Juli 2016 hat der Thüringer Verfassungsschutz keine Erkenntnisse über Kontakte zwischen der IB und der AfD. Thüringen Rechtsaußen hatte bereits nach dem ersten AfD-Aufmarsch am 16. September 2015 in Erfurt mit Bildern belegt, dass mehrere Mitglieder der IB Thüringen, darunter der ehemalige NPD-Schulungsleiter Kevin Schulhauser auf dem Aufmarsch anwesend waren. Diese waren durch T-Shirts mit dem Logo der IB erkennbar, bereits beim zweiten AfD-Aufmarsch am 23. September 2015 entrollte die IB Fahnen, ihre Mitglieder trugen ein eigenes Werbe-Transparent der Identitären Bewegung in dem Aufmarsch und verteilten Flyer. Dass die AfD keine Probleme mit der Anwesenheit der IB hatte, zeigten weitere unwidersprochene Flyeraktionen und das Mitführen von Fahnen bei Folgeaufmärschen der AfD in Erfurt. Am 30. Oktober 2015 war die IB mit Fahnen auch auf dem ersten AfD-Aufmarsch in Gera aktiv. In einer Mitteilung der Identitären heißt es, dass „Stephan Brandner, Jörg Henke, Hans-Thomas Tillschneider, Björn Höcke (alle AfD)“ die „passenden Worte zum aktuellen Asylwahnsinn“ gefunden hätten, die IB wies im Anschluss auf die Homepage des AfD-Verbandes Gera-Jena-Saale-Holzlandkreis hin. In Jena wurden am 20. Januar 2016 während einer AfD-Kundgebung mit Höcke gleichzeitig Flyer der AfD und der IB verteilt.

Email von Jana Schneider (13.07.2016) über Treffen mit der Identitären Bewegung Thüringen

Email von Jana Schneider (13.07.2016) über Treffen mit der Identitären Bewegung Thüringen

Thüringen Rechtsaußen wurden inzwischen Emails der Spitzen der „Junge Alternative“ (JA) Thüringen und der IB Thüringen zugespielt, aus denen hervorgeht, dass es eine noch engere Verbindung zwischen beiden Organisationen gab. So fanden mehrere Treffen zwischen der am 26. Juni 2016 neugewählten Landesvorsitzenden Jana Schneider und dem Thüringer Ableger der IB statt, der gegen Geflüchtete hetzt. Schneider, die in Jena wohnt und für die AfD-Abgeordnete Wiebke Muhsal als Wahlkreismitarbeiterin arbeitet, war bei AfD-Demos bereits als Ordnerin eingesetzt, auf denen sich auch die IB zeigte.

Email von Kevin Schulhauser (12.07.16) über Kontakte der Identitären Bewegung zu Jana Schneider

Email von Kevin Schulhauser (12.07.16) über Kontakte der Identitären Bewegung zu Jana Schneider

In einer Mail vom 13. Juli 2016 räumte Schneider, die bereits Mitglied im letzten JA-Landesvorstand war, ein, „zwei längere Gespräche mit jeweils zwei also insgesamt vier Personen der IB Thüringen in einer ruhigen Gastronomie geführt“ zu haben. Auch Schulhauser, der 2014 beim 35. NPD-Bundesparteitag noch für den Parteivorstand kandidierte, bestätigte, dass es ein direktes Treffen zwischen ihm und Schneider gab. Er habe sich mit Jana Schneider „mal auf einen Kaffee getroffen“ schreibt er, nach seinem Kenntnisstand sei sie mit drei weiteren Mitgliedern der Identitären Bewegung Thüringen und einem Ehemaligen bekannt.

Weiterer Inhalt einer Email von Schulhauser über Schneider (12.07.16)

Weiterer Inhalt einer Email von Schulhauser über Schneider (12.07.16)

Über Schneider schreibt Schulhauser vor wenigen Tagen „Persönlich muss ich sagen, dass mir gerade Jana sehr sympathisch ist“ und „sie vertritt in einigen Belangen radikalere Positionen als ich“. Versendet über den Emailaccount thueringen@identitaere-bewegung.de, den er als stellvertretender Landesvorsitzender der IB Thüringen verwaltet. Die JA-Landesvorsitzende Schneider habe ihm gegenüber die „Burschenschaft Normannia zu Jena“ kritisiert, aus der laut Schulhauser drei Anwärter für die IB Thüringen stammen. Er räumte auch ein, dass Martin Sellner, Vorsitzender der Identitären Bewegung Österreichs, im Februar 2016 bei einer Veranstaltung der Jenaer Burschenschaft Normannia referierte.

Kevin Schulhauser, Identitäre Bewegung Thüringen hinter einem NPD-Wahlstand vor einigen Jahren

Kevin Schulhauser, Identitäre Bewegung Thüringen hinter einem NPD-Wahlstand vor einigen Jahren

Schulhauser auf der Bühne der IB Veranstaltung „Thüringenakademie" vom 22. bis 24. Juli 2016

Schulhauser auf der Bühne der IB Veranstaltung „Thüringenakademie“ vom 22. bis 24. Juli 2016

Dass die JA Thüringen am 10. Juli 2016 eine Unvereinbarkeitserklärung mit der IB beschlossen hat, habe vor allem mit dem öffentlichen Druck zu tun, weil die Thüringer Identitären in „den Fokus des hiesigen Verfassungsschutzes geraten“ seien, erklärte Schneider, die eine Ursache dafür auch in dem Kontakt der bereits im Verfassungsschutzbericht stehenden Jenaer Burschenschaft sah. Schulhausers vorherige NPD-Zugehörigkeit, sei explizit „nicht Anlass des Beschlusses“ gewesen. Stefan Möller, Landesvorsitzender der AfD in Thüringen behauptet noch im Juli 2016 gegenüber der Thüringer Allgemeinen, dass die AfD keine Kenntnis zu Mitgliedern der IB habe. Schulhauser hingegen räumt ein, „Mit der AfD gab es in der Vergangenheit durchaus guten Kontakt und ich habe auch selbst sowohl in Thüringen als auch in Sachsen-Anhalt die AfD unterstützt.“

Identitäre beim Training auf der „Thüringenakademie" der „Identitären Bewegung Thüringen" vom 22. bis 24. Juli 2016

Identitäre beim Training auf der „Thüringenakademie“ der „Identitären Bewegung Thüringen“ vom 22. bis 24. Juli 2016

Vorsitzende der „Jungen Alternative Thüringen" Jana Schneider mit Thors Hammer um den Hals

Vorsitzende der „Jungen Alternative Thüringen“ Jana Schneider mit Thors Hammer um den Hals

Der JA-Bundesvorstand hat sich einen Tag nach dem Beschluss in Thüringen ebenfalls von der IB distanziert. Schneider erklärt, dass dieser sich zuvor „neutral“ verhielt, jedoch: „Dieses Verhalten hat sich durch die Beobachtung der IB durch den Verfassungsschutz und die Beobachtung einzelner AfD-Mitglieder in Bayern sowie durch die aktuellen Ereignisse um die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg geändert“. Sie stellt auch klar, dass die Unvereinbarkeit in Thüringen lediglich für Doppelmitgliedschaften und Parallelaktivitäten in JA und IB Thüringen gelte. „Andere regionale Ableger sind von unserem Beschluss nicht betroffen, auch nicht der in Sachsen-Anhalt“, so die JA-Landesvorsitzende im Juli 2016. Grundsätzlich sei eine Teilnahme von Mitgliedern der Identitären Bewegung bei Aktivitäten der JA Thüringen auch mit dem neuen Beschluss in Land und Bund nicht ausgeschlossen, wenn diese ohne „erkennbare Symbole“ aufträten und sich entsprechend verhielten, so Schneider.

Die junge AfD-Aktivistin trägt in der Öffentlichkeit gerne einen „Thorshammer“ um den Hals, der bei den Germanen als Symbol der Stärke und Tatkraft galt. Auch bei Neonazis ist das Symbol weit verbreitet, um sich als völkisch verbunden und kämpferisch darzustellen.

Auch der Abgeordnete Thomas Rudy verbreitet Beiträge der Identitären Bewegung, zuletzt am 22. Juli 2016

Auch der Abgeordnete Thomas Rudy verbreitet Beiträge der IB

So wie auch Nationalsozialisten zahlreiche germanische und heidnische Symbole nutzten, erfahren sie auch in der heutigen extremen Rechten äußerste Beliebtheit. Gleichwohl ist der Thorshammer allein noch kein Ausdruck extrem rechter Gesinnung und wird auch von Heavy-Metal-Fans und anderen nichtrechten Szenen genutzt.

Am 22. März 2016 änderte sie ihr Facebook-Titelbild, um dort ein Gewehr der Marke Tokarew SWT-40 abzubilden, dass während dem 2. Weltkrieg produziert wurde. Dazu der Zusatz „Defend Brussels“ („Brüssel verteidigen“). Der Thüringer JA-Landesverband sorgte schon einmal mit einem Waffenfoto für Schlagzeilen, mit dem zur Selbstjustiz aufgerufen wurde.

Auch Abgeordnete der AfD im Thüringer Landtag verbreiten Propaganda der Identitären Bewegung, so teilte beispielsweise Thomas Rudy am 22. Juli 2016 Text und Bilder einer Aktion der IB Deutschland gegen die Amadeu Antonio Stiftung. Bereits im Sommer 2014 hatte Björn Höcke im Interview mit dem neurechten Magazin „Blaue Narzisse“ anlässlich der Landtagswahl in Sachsen geäußert, dass sich die AfD als „identitäre Kraft besonders gut etablieren“ könne. Am Wochenende vom 22. bis 24. Juli 2016 hat der Thüringer Regionalableger der IB nach eigenen Angaben eine „Thüringenakademie“ veranstaltet, um den aus „dem gesamten Bundesgebiet angereisten Aktivisten verschiedene Kommunikationsmodelle sowie die Grundlagen sicherer Datenübertragung näher“ zu bringen. Von der IB veröffentlichte Fotos könnten auch auf ein Training mit körperlicher Auseinandersetzung hindeuten.

2. Stellvertretender Vorsitzender der AfD Südthüringen mit Neonazi-Hintergrund

2.v.l. Kevin Gröschel

Auf dem NPD-Neonazi-Openair Konzert „Rock für Deutschland“ 2.v.l. Kevin Gröschel

Bekannte Neonazis in der Freundesliste bei Facebook

Bekannte Neonazis in der Freundesliste bei Facebook

Kevin Gröschel, stellvertretender Vorsitzender des AfD Kreisverbandes Südthüringen ist ein bekannter Neonazi aus Zella-Mehlis, berichteten die Antifaschistischen Gruppen Südthüringen am 5. Juli 2016. Gröschel war Teilnehmer von Neonazi-Konzerten in Thüringen, wie dem „Rock für Deutschland“ und unterhielt Kontakte in Kreise der Neonazi-Gruppe „Freie Kräfte Südthüringen“ (FKST). Er sei selbst Teil der neonazistischen Nachfolgestruktur „Infoportal Suhl/Zella-Mehlis“ gewesen und zahlreiche aktive Neonazis fanden sich bis vor kurzem noch in der Facebook-Freundesliste, wie Screenshots belegen. Am 29. Juni stand er Seite an Seite mit dem AfD Landesvorsitzenden Björn Höcke bei dessen Auftritt in Zella-Mehlis. Weitere Infos zu Gröschel gibt es hier.

3. AfD-Mitarbeiter bei extrem rechten Burschenschaften

Links: Torben Braga, 2014-2015 Sprecher der „Deutschen Burschenschaft", danaben Philipp Stein, Videomacher beim Projekt „EinProzent"

Links: Torben Braga, 2014-2015 Sprecher der „Deutschen Burschenschaft“, danaben Philipp Stein, Videomacher beim Projekt „EinProzent“

Braga mit schwarz-weiß-roter Schärpe nach dem Fechten, „Assistent des Fraktionsvorsitzenden“ Björn Höcke

Braga mit schwarz-weiß-roter Schärpe nach dem Fechten, „Assistent des Fraktionsvorsitzenden“ Björn Höcke

Einige Referenten der AfD Fraktion im Thüringer Landtag weisen Verbindungen zur extremen rechten Burschenschaftsszene auf. Torben Braga ist Mitglied der Marburger Burschenschaft Germania, bei der es Überschneidungen mit der neonazistischen

Kameradschafts-Szene gibt und gemeinsame Vorträge mit Neonazis durchgeführt wurden. Auch der extrem rechte Publizist Pierre Krebs gehörte zu den Referenten bei der Burschenschaft (Mitgründer Thule-Seminar, Mitglied in der „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“). Ende 2014 wurde Torben Braga zum Sprecher der „Deutschen Burschenschaft“ gewählt, die mit der Diskussion um den „Arierparagrafen“ und einem internen Rechtsruck für Aufmerksamkeit sorgte. Im November 2015 war Braga Praktikant in der AfD-Fraktion und flog wegen seiner Gesinnung aus mehreren Landtagsausschüssen.

Reimond Hoffmann und Marcus Frohnmeier

Marcus Frohnmeier (l.) und Reimond Hoffmann (r.)

Hoffmann und Björn Höcke, Foto vom 20. Mai 2016

Hoffmann und Björn Höcke, Foto vom 20. Mai 2016

Inzwischen ist er „Assistent des Fraktionsvorsitzenden“ und arbeitet damit direkt für Björn Höcke. Am 26. Juli 2016 strahlte das Magazin Frontal 21 einen Beitrag über die Burschenschaft „Saxo-Silesia“ aus, über die in der Vergangenheit bereits Beobachter der Freiburger Antifa informierten. Nachbarn und alte Herren der Burschenschaft beschwerten sich über Gesänge wie „Deutschland, Deutschland über alles, von der Maaß bis an die Mehmel“ sowie „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“-Rufe in der Villa der Verbindung um den Freiburger Anwalt Dubravko Mandic (AfD). Das Magazin veröffentlichte auch einen internen Beschwerdebrief in dem es heißt: „Ganz offen und selbstverständlich, generierten sich Bundesbrüder als auch die Gäste unseres Bundes als Sympathisanten des Nationalsozialismus“. Jenem extrem rechten Flügel der „Saxo-Silesia“ gehört ein weiterer Fraktionsmitarbeiter der Thüringer AfD an: Reimond Hoffmann, 28,  Baden-Württemberg. Er ist seit drei Jahren für die AfD aktiv und war bis Mai 2016 Finanzreferent der Thüringer Fraktion. Zeitweise war er auch Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle.

Burschenschafter und Fraktionsreferent Reimond Hoffmann

Burschenschafter und Fraktionsreferent Reimond Hoffmann (3.v.r.)

Hoffmann bei einer AfD-Demo in Erfurt, im Gespräch mit Neonazi Philipp Miene („Ansgar Aryan“ auf dem Rücken), links grauer Pullover, rote Haare: NPD-Stadtratsabgeordneter Franz Kotzott aus Kölleda

Hoffmann bei einer AfD-Demo in Erfurt, im Gespräch mit Neonazi Philipp Miene („Ansgar Aryan“ auf dem Rücken), links grauer Pullover, rote Haare: NPD-Stadtratsabgeordneter Franz Kotzott aus Kölleda

Hoffmann ist eng mit Markus Frohnmeier, dem JA-Bundesvorsitzenden bekannt, über dessen Verquickungen zur extrem Rechten Frontal 21 berichtete.

Links mit Flasche Miene mit weiteren Neonazis in der AfD-Demo am 16.09.2015 in Erfurt

Links mit Flasche Miene mit weiteren Neonazis in der AfD-Demo am 16.09.2015 in Erfurt

Bei einem AfD-Aufmarsch am 16. September 2015 in Erfurt vor der Erfurter Staatskanzlei war Reimond Hoffmann nicht nur als Ordner aktiv, sondern zeitweise mit dem Suhler Neonazi Philipp Miene zusehen, der wegen Körperverletzung bereits gemeinsam mit dem bekannten Neonazi-Schläger Michel Fischer vor Gericht stand. Auf Facebook hinterließ Hoffmann häufiger Likes bei der „Identitären Bewegung“. Eine Woche vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg schrieb er in dem Netzwerk „Ab dem 13. ist dann Schluss. Dann wird wieder wirklich demokratische Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht. (…) Wir wollten nicht nur ein Stück vom Kuchen, einen schwarzen Mitgliederausweis – das kann jeder, wir wollen die ganze Kuchenfabrik“.

Am 20. Mai 2016 veröffentlichte er ein Foto mit Björn Höcke mit dem Zusatz „…über ein Jahr die Ehre unter Björn Höcke arbeiten zu dürfen. Danke Björn, danke an die ganze Fraktion. Ein wenig tut der Abschied weh.“.

Frontal 21 vom 26. Juli 2016 über die Burschenschaft „Saxo-Silesia"

Frontal 21 vom 26. Juli 2016 über die Burschenschaft „Saxo-Silesia“

Hoffmann strebt seit längerem nach Posten in der AfD, war zeitweise stellvertretender Landesvorsitzender der AfD in Baden-Württemberg und administrierte bereits 2013 die interne Facebook-Gruppe „AfD.BW.Interna“. Einen besonders engen Draht pflegte er auch zu Stefan Räpple, der seit März 2016 Landtagsabgordneter in Baden-Württemberg ist und Verbindungen zur „Identitären Bewegung“ hat. Im Streit der AfD-Landtagsfraktion um die antisemitischen Äußerungen von Wolfgang Gedeon stärkte Räpple Gedeon den Rücken und bewertete dessen judenfeindliche Äußerungen positiv. Beim Bundeskongress der „Jungen Alternative“ am 15./16. Juli 2016 wurde ein neuer Vorstand gewählt: Reimond Hoffmann ist seither einer von zwei Stellvertretern von Frohnmeier auf Bundesebene.

4. Abgeordnete Corinna Herold mit Verbindungen zu rechter Bürgerwehr und Neonazis

AfD-Landtagsabgeordnete Corinna Herold, Screenshot von der Thüringer AfD-Fraktionshomepage

AfD-Landtagsabgeordnete Corinna Herold, Screenshot von der Thüringer AfD-Fraktionshomepage

Bereits im August letzten Jahres hatten wir hier auf Verbindungen zwischen der Abgeordneten Herold und einer Bürgerwehr mit Neonazi-Beteiligung hingewiesen. Herold begrüßt nicht nur die von einem extrem Rechten gegründete „Bürgerwehr Untersuhl, Gerstungen und Umgebung“ sondern wünscht sich

Herold nicht nur bei „Bürgerwehr Gerstungen", sondern auch bei Facebook-Gruppe „Bürgewehr Thüringen" mit NPD-Funktionären, Neonazi-Musikern und Kameradschaftsnazis

Herold nicht nur bei „Bürgerwehr Gerstungen“, sondern auch bei Facebook-Gruppe „Bürgewehr Thüringen“ mit NPD-Funktionären, Neonazi-Musikern und Kameradschaftsnazis

auch gewalttätige Übergriffe auf mutmaßliche oder tatsächliche Straftäter. Herold brachte wenig Sympathien für ein rechtsstaatliches Verständnis zum Ausdruck und äußerte Sätze wie „Und hoffentlich hat er im Knast keine ruhige Minute, auch nachts.“ und „Die anderen Behandlungen übernehmen die Mithäftlinge.“ Nach einem Angriff auf die Firma der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry kommentierte sie: „Frauke Petry hätte eine Truppe wie Eure gut gebrauchen können!“ mit Blick auf die Bürgerwehr. Die Gruppierung in Gerstungen wird bekanntermaßen von Andreas Niebling angeführt, der mit Patrick Wieschke zusammen im Juni 2011 den NPD Kreisverband Wartburgkreis angeführt hatte und selbst an mehreren Neonazi-Konzerten und gewalttätigen Übergriffen beteiligt war. Auch heute noch ist er mit Wieschke in Kontakt, Nieblings Name tauchte auch im 1. Verbotsantrag der NPD Anfang der 2000er Jahre auf (LInk). Im Jahr 2016 war Niebling mehrfach Teilnehmer von Neonazi-Konzerten in Thüringen. Im März 2016 kontaktierte er Patrick Wieschke, der bis zum Jahresanfang 2015 nach Landesvorsitzender der NPD in Thüringen war, nach dem dieser ein Neonazi-Konzert mit „Lunkioff“ alias Michael Regner bewarb. Regner sang in seiner vorherigen Band „Landser“ die als kriminelle Vereinigung verboten wurde Texte wie: „In Buchenwald, in Buchenwald da machen wir die Juden kalt….Aus Judenhaut, aus Judenhaut da wird der Lampenschirm gebaut….In Ausschwitz weiss ein jedes Kind das Juden nur zum heizen sind..“. Auf Wieschkes nichtöffentlicher Facebook-Pinnwand hinterlies der Bürgerwehr-Chef zu dem Konzert mit Regner am 10. Juli 2016: „Patrick wegen Karten schreiben wir woanders, ich check mal ab wer alles mit will“.

Mitglieder der „Bürgerwehr Gerstungen", vorne dran der Chef: Andreas Niebeling, früher NPD-Kreisvorsitzender

Mitglieder der „Bürgerwehr Gerstungen“, vorne dran der Chef: Andreas Niebeling, früher NPD-Kreisvorsitzender

Bürgerwehr-Anführer Andreas Niebling am 27. März 2016: Kündigt Teilnahme an Konzert mit ehemaligen Landser-Sänger an

Bürgerwehr-Anführer Andreas Niebling am 27. März 2016: Kündigt Teilnahme an Konzert mit ehemaligen Landser-Sänger an

Bereits am November 2014 war auch Corinna Herold aufgefallen. Am Jahrestag der Reichspogromnacht demonstrierte sie gegen eine rot-rot-grüne Regierung mit einer Fackel in der Hand. Herold ist mit Stand 24. Juli 2016 weiterhin Mitglieder dubioser rechter Facebook-Gruppen, von denen sie einige auf ihrem zugänglichen Facebook-Profil versteckt. So ist sie Mitglied bei der geschlossenen Facebook-Gruppe der Gerstunger Bürgerwehr, in der auch die Eisenacher NPD-Stadträte Karsten Höhn, Jonny Albrecht und Patrick Wieschke sowie andere Neonazis beteiligt sind. Ebenfalls ist sie Mitglied der geschlossenen Facebook-Gruppe „Bürgerwehr Thüringen“, in der auch die Neonazi-Musiker Tommy Brandau („Zeitnah“) und Mike K. aus Zwickau (Freilich Frei) beteiligt sind, die im Januar 2016 bei einem Neonazi-Konzert auf dem Erfurter Herrenberg auftraten. Neben der AfD-Abgeordneten finden sich auch Steven Arndt von der Neonazi-Band „Hermunduren“, der NPD-Landesschatzmeister Hendrik Heller und der Gothaer Neonazi Marco Zint aus dem Umfeld der angeklagten Ballstädt-Schläger unter den Mitgliedern der Gruppe. Zint fällt immer wieder wegen illegaler Waffen auf und wurde 2012 vom LKA Thüringen wegen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ verhaftet, weil er im Verdacht stand, Kalaschnikow-Strumgewehre zum Kauf angeboten zu haben. Er gehörte mehreren Neonazi-Kameradschaften an und war zuletzt an der Organisation von Konzerten der Szene in Thüringen beteiligt.

5. Nordthüringer AfD-Unterstützer bei Razzia wegen Hasskommentaren durchsucht

Likes von Manfred Keitel aus der Nähe von Nordhausen

Likes von Manfred Keitel aus der Nähe von Nordhausen

 

Keitel begrüßt das Anzünden einer Geflüchtetenunterkunft in Clausnitz

Keitel begrüßt das Anzünden einer Geflüchtetenunterkunft in Clausnitz

„Geistesgestörtes, minderwertiges Pack“, „sterilisiert dieses Gesindel“, „widerwärtige Brut“, „stürzt diese perfide Regierung“, „widerliche Muslimratten“ und „Ich befürworte zu 100% das Abfackeln dieser Asylunterkunft“, womit die Unterkunft im sächsischen Clausnitz gemeint ist. Solche und ähnliche Kommentare publizierte Manfred Keitel in den vergangenen Monaten auf Facebook und dem russischen Pendant VK.com. Er stammt aus Sülzhayn bei Nordhausen und ist eifriger Unterstützer die Thüringer AfD, im Internet wirbt er immer wieder für die Partei und nahm an Aufmärschen teil, die sich gegen Geflüchtete richteten. Keitel ist Veranstalter von Musik- und Tanzveranstaltungen, war auch an dem „Böhse Onkelz-Rammstein Open-Air“ im letzten Jahr beteiligt. Am 13. Juli 2016 wurden bundesweit über 60 Wohnungen durch die Polizei aus Bund und Ländern wegen Hasskommentaren durchsucht.

Keitel auf vk.com bestätigt Razzia und kündigt an, den Anzeigeerstatter („Verräterschwein") bloßzustellen

Keitel auf vk.com bestätigt Razzia und kündigt an, den Anzeigeerstatter („Verräterschwein“) bloßzustellen

Hasskommentare des AfD-Sympathisanten

Hasskommentare des AfD-Sympathisanten

Wiederkehrende Aufrufe, die AfD zu unterstützten und zu wählen, Beitrag vom 26. Juli 2016

Wiederkehrende Aufrufe, die AfD zu unterstützten und zu wählen, Beitrag vom 26. Juli 2016

In Thüringen wurden dabei auch Waffen gefunden, die sich allerdings nicht als scharf herausstellten. Unter den durchsuchten Objekten in Thüringen befand sich auch die Wohnung von AfD-Unterstützer Keitel. Auf der russischen Seite VK.com bestätigt er noch am selben Tag die Durchsuchung, Kriminalbeamte hätten seinen PC konfisziert und eine Chronik reproduziert. Er würde nun angeklagt wegen „Volksverhetzung und Aufstachelung zum Verstümmeln und töten von Moslems“, wie er selber schreibt. Dort veröffentlichte er auch den Wohnort und vollständigen Namen des Anzeigeerstatters und kündigte an, nach Verfahrensende die Ermittlungsakte online zustellen. Dass Keitel nicht isoliert vorgeht zeigt auch ein Blick in seine Facebook-Freundesliste, in der sich mehrere AfD-Funktionsträger finden.

Mehrere AfD-Funktionäre in der Freundeslist von Keitel, dessen Wohnung durchsucht wurde

Mehrere AfD-Funktionäre in der Freundesliste von Keitel, dessen Wohnung durchsucht wurde

Hetzer Keitel auch in der Freundesliste von Höckes Wahlkreismitarbeiter

Hetzer Keitel auch in der Freundesliste von Höckes Wahlkreisbüroleiter

Darunter Jürgen Pohl, Wahlkreisbüroleiter von Björn Höcke und Betreiber des Versandhandels von dem AfD-Verband „Der Flügel“, Kirsten Paarmann, Schriftführerin im AfD-Kreisvorstand von Björn Höcke, der AfD-Abgeordnete Thomas Rudy und die Greizer AfD-Aktivistin Ute Waltz, auf die später noch eingegangen wird. Mit der Freundschaft sozialen Netzwerk Facebook hatten die AfD-Mitglieder die Möglichkeit, Keitels Hasskommentare zu sehen, doch keiner störte sich offenbar daran. Keitel steht exemplarisch für eine einen Teil von Thüringer AfD-Anhängern, die bereits Hasskommentare oder Gewaltaufrufe verbreitet haben. Besonders im Zusammenhang mit dem geplanten Bau einer Moschee in Erfurt-Marbach haben diese Vorfälle zugenommen.

6. Fraktionsvorsitzender Höcke als Kulminationspunkt völkischen Denkens

Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender und nach eigenen Angaben „letzte evolutionäre Chance" für Deutschland

Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender und nach eigenen Angaben „letzte evolutionäre Chance“ für Deutschland

Björn Höcke im Dezember 2015, umarmt Martin Hohmann, der nach antisemitischen Äußerungen („Hohmann-Affäre") aus der CDU ausgeschlossen wurde

Björn Höcke im Dezember 2015, umarmt Martin Hohmann, der nach antisemitischen Äußerungen („Hohmann-Affäre“) aus der CDU ausgeschlossen wurde

Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Thüringer AfD provozierte nicht nur mit Äußerungen über Fortpflanzungsstrategien eines „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ und einem tausendjähriges Deutschland, das es zu verteidigen gelte. Höcke pflegt seit längerem intensive Verbindungen zum neurechten „Institut für Staatspolitik“ und ist mit dessen Gründer, Götz Kubizschek eng befreundet. Er fiel mit zahlreichen Interviews in Publikationen auf, die dem neurechten (wie „Sezession“) bis neonazistischen Spektrum (wie „Zuerst!“) zugeordnet werden. Höckes Ideologie wurde von Politologen und Sozialwissenschaftlern als völkisch, rechtspopulistisch und teilweise auch extrem rechts eingeordnet. Der Soziologe Andreas Kemper hat sich intensiv mit Höckes Veröffentlichungen befasst und kommt nach seinen Untersuchungen zu dem Schluss, dass Höcke unter dem Namen „Landolf Ladig“ Texte für Postillen des NPD-Funktionärs Thorsten Heise verfasst haben könnte. Er listet zahlreiche Belege über politische Phrasen, eigentümliche bzw. einzigartige Begriffe, Satzteile und Metaphern bei beiden Autoren auf. Einige Textteile sind auch unverblümt NS-verherrlichend. In einer parteiinternen Email Ende 2014 forderte Björn Höcke, die Paragrafen 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 130 StGB (Volksverhetzung) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. „Ethisch unvertretbare Meinungen“ ließen sich „nicht durch Strafnormen vermeiden“, so Höcke laut dem Mitteldeutschen Rundfunk.

„Wir lieben Sachsen / Thügida" zum Kyffhäusertreffen des AfD-„Flügels“

„Wir lieben Sachsen / Thügida“ zum Kyffhäusertreffen des AfD-„Flügels“

Ende 2015 entstand ein Foto auf dem Höcke Martin Hohmann umarmte, der nach antisemitischen Äußerungen aus der CDU ausgeschlossen wurde und im letzten Jahr zur AfD wechselte. Höcke schart seine Anhänger parteiintern unter dem Namen „Der Flügel“ um sich. Während eines Treffens des Netzwerks Anfang Juni 2016 am Kyffhäuserdenkmal veröffentlichte auch die neonazistische Gruppe „Wir lieben Sachsen/Thügida“ ein Foto von dem Treffen mit dem Satz „Unsere Mitstreiter von der Patriotischen Plattform mit Juergen Elsaesser in Thüringen“. Im „Flügel“ sammeln sich viele nationalkonservative, rechtspopulistische und völkische Akteure der AfD. Nach eigener Mitteilung wird dieser „maßgeblich vom Kreisverband Nordhausen-Eichsfeld-Mühlhausen (Nordthüringen) der AfD Thüringen getragen“. Der gleiche Kreisverband versucht mit der Produktion von Tassen, Beuteln und anderen Devotionalien, auf denen das Gesicht Höckes aufgedruckt ist, den Personenkult um Höcke innerhalb der Thüringer AfD weiter zu verstärken.

7. AfD-Aufmärsche in Erfurt mit NPD, Die Rechte, Europäischer Aktion und rechten Hooligans

Antisemitisches Plakat bei der Erfurter AfD-Demonstration

Antisemitisches Plakat bei der Erfurter AfD-Demonstration

Seit September 2015 fanden wiederholt Aufmärsche der Thüringer AfD in Erfurt statt, die zeitweise von Neonazis im unteren dreistelligen Bereich unterstützt wurden, siehe auch „Thüringer AfD demonstriert gemeinsam mit Neonazis – eine Auswahl“. Bereits nach der ersten AfD-Demo hatten wir hier einen Überblick mit Bildern gegeben. Zu erkennen waren nicht nur ganze Kollektionen der extrem rechten Modemarken „Ansgar Aryan“ und „Thor Steinar“, sondern auch ein beträchtlicher Anteil von bekannten und gewalttätigen Thüringer Neonazis und deren Funktionäre aus Suhl, Weimar, Arnstadt, Ohrdruf, Gera, Sonneberg, Pößneck, aber auch aus Sachsen-Anhalt.

16. September 2016: AfD-Demonstration mit Neonazi Michel Fischer (schwarze Jacke, schwarze Hose und Gürteltasche) mit Hände in den Taschen: Er war Kopf der Kameradschaft "Aktionsgruppe Weimarer Land", ist Landesorganisationsleiter der Partei "DIE RECHTE" Thüringen und Anmelder zahlreicher Neonazi-Aufmärsche in Thüringen

16. September 2015: AfD-Demonstration mit Neonazi Michel Fischer (schwarze Jacke, schwarze Hose und Gürteltasche) mit Hände in den Taschen: Er war Kopf der Kameradschaft „Aktionsgruppe Weimarer Land“, ist Landesorganisationsleiter der Partei „DIE RECHTE“ Thüringen und Anmelder zahlreicher Neonazi-Aufmärsche in Thüringen

Darunter auch Michel Fischer (Landesorganisationsleiter DIE RECHTE), Hannjo Wegmann (Neonazi-Kampfsportler und Gefährte des V-Manns Kai Uwe Trinkaus), Kevin Schulhauser von der IB Thüringen, der Suhler Neonazi Philip Miene, NPD-Stadtrat Enrico Biczysko und mehrere rechte Hooligans, Reichsbürger, Martin Gärtlein von der „Europäischen Aktion Thüringen“ und NPD Stadtrat Franz Kotzott. Später waren auch NPD-Landesorganisationsleiter David Köckert beteiligt, der Südthüringer Neonazikonzert-Organisator Tommy Frenck, der ehemalige NPD-Landesvorsitzende Thüringens, Patrick Wieschke und der aktuelle NPD-Landesvorsitzende Tobias Kammler. Die AfD leugnete zunächst die Anwesenheit und duldete die Nazibeteiligung, nach einer halbherzigen Distanzierung („Nazis raus“) eines einzelnen Redners fühlten sich zwar einige organisierte Neonazis wie David Köckert zunächst brüskiert, es änderte aber nichts daran, dass AfD-Aufmärsche auch weiterhin durch Neonazis unterstützt wurden. Wiederholt wurden Neonazi-Plakate, Fahnen und Transparente gezeigt, in einigen Fällen wurde von mitgeführten NPD-Logos von Wahlplakaten der extrem rechten Partei zuvor abgeschnitten. Außerdem konnte mehrere Wochen ein antisemitisches Plakat auf der AfD-Demonstration offen getragen werden. Am Rande und nach den Demonstrationen kam es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen auf Gegendemonstranten, unter anderem auf den Gewerkschafter und Vorsitzenden des verdi-Bezirks Thüringen sowie alternative Jugendliche und Punks. Anfang 2016 soll nach Darstellung von Betroffenen dabei auch ein Elektroschocker eingesetzt worden sein.

8. Verbindungen zu „EinProzent“

Kevin Schulhauser (IB Thüringen) mit Transparent von „EinProzent"

Kevin Schulhauser (IB Thüringen) mit Transparent von „EinProzent“

Jörg Tonndorf von „einprozent", verantwortlich für „Pro Schöngleina"

Jörg Tonndorf von „einprozent“, verantwortlich für „Pro Schöngleina“

Im Februar 2016 wurde auf Thüringen Rechtsaußen bereits auf EinProzent-Aktivitäten in Thüringen hingewiesen. Seit Ende 2015 versuchen Rechtspopulisten, nationale Burschenschafter, Reichsideologen, Querfront-Strategen und Vertreter der Neuen Rechten eine neue Dachmarke zu etablieren. „EinProzent“ soll symbolisieren, dass man nur ein Prozent der Bevölkerung Deutschlands als Widerstandsbewegung mobilisieren müsse, um Erfolg gegen eine vermeintliche Überfremdung Deutschlands zu haben. Wie der „Blick nach Rechts“ bereits zum Jahreswechsel berichtete, tritt als Leiter der rechte Burschenschafter Philip Stein auf, als Kontaktadresse ist das Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt benannt, in dem der neurechte Götz Kubitschek residiert.

Rednerin Wiebke Muhsal bei Pro Schöngleina Demonstration Ende 2015

Rednerin Wiebke Muhsal bei Pro Schöngleina Demonstration Ende 2015

Simon Kaupert, Verbindungsperson zwischen AfD Thüringen und „einprozent", war Teilnehmer eines NPD-Jugendcamps

Simon Kaupert, Verbindungsperson zwischen AfD Thüringen und „einprozent“, war Teilnehmer eines NPD-Jugendcamps

Er ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift Sezession sowie Verleger (Antaios) und Freund von Björn Höcke. Kubitschek, der bereits das „Institut für Staatspolitik“ mit ins Leben gerufen hat, ist einer der Hauptorganisatoren des Projektes „einprozent“. Neben Kubitschek ist Elsässer eine weitere der zentralen Figuren des Projektes. Statt plumpe „Ausländer raus“ Parolen zu bedienen, setzt man auf eine intellektuelle Positionierung rechten Gedankengutes. „einprozent“ arbeitet in Thüringen mit dem „Altenburger Bürgerforum“, mit der „Identitären Bewegung“, der Initiative „Pro Schöngleina“ und der AfD zusammen. Im 500-Einwohner Ort Schöngleina in der Nähe von Jena macht der Kulturstättenbetreiber Jörg Tonndorf gegen eine Clearing-Stelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mobil. Unter den paar Dutzend Teilnehmern seiner Kundgebungen befanden sich auch Wiebke Muhsal aus Jena, die für die AfD im Thüringer Landtag sitzt, und Andre Kapke, ebenfalls aus Jena, der als Unterstützer des NSU bekannt wurde und die Neonazi-Terroristen nach deren Flucht unterstützte. Während Muhsal in Schöngleina öffentliche Reden schwingt und das Thema auch parlamentarisch begleitet, bewegt sich Kapke im Hintergrund und ist auch der Gruppe „Kein Heim in Schöngleina“ zuzurechnen. Am Rande der „AfD Dialog“ Veranstaltung im Jenaer Volksbad im Mai 2016 fand auch ein Treffen mit Muhsal und Tonndorf statt, der als Werbeträger auch für Videos der „einprozent“ – Kampagne auftritt. Auch andere Abgeordnete der AfD-Fraktion haben keine Berührungsängste mit „einprozent“. Im Zuge der Vorbereitung von Protesten gegen einen geplant Moscheebau in Marbach, waren nicht nur „einprozent“ und AfD bei Anwohnerversammlungen und Treffen in Marbach anwesend, um Material zu verteilen, „einprozent“ besuchte ebenfalls die AfD Fraktion im Thüringer Landtag und kündigte an, weitere Unterstützung zu leisten.

„Volksbewegung Nordthüringen“: „Autonome Nationalisten" von „einprozent" unterstützt

„Volksbewegung Nordthüringen“: „Autonome Nationalisten“ von „einprozent“ unterstützt

Neonazi und Holocaustleugner Alexander Lindemann aus Nordhausen von der „Volksbewegung Nordthüringen"

Neonazi und Holocaustleugner Alexander Lindemann aus Nordhausen von der „Volksbewegung Nordthüringen“

Eine maßgebliche Rolle hierbei spielt Simon Kaupert, der in Sachsen-Anhalt bereits bei den von „einprozent“ initiierten „Wahlbeobachtungen“ im März 2016 beteiligt und wie Björn Höcke auch Teilnehmer der AfD-Wahlparty am 13. März 2016 in Sachsen-Anhalt war. Kaupert hat einen Hintergrund in der neonazistischen Szene und wurde beim Pfingstlager der NPD-Jugendorganisation „JN“ am 23. Mai 2015 in Hessen fotografiert. Er ist Gründer des Würzburger Pegida-Ablegers „Wügida“ und nach Recherchen von Magdeburger Beobachtern mit Wiebke Nahrath liiert, Tochter des langjährigen „Gauleiters“ für Unterfranken der Wiking-Jugend und Nichte von Wolfram Nahrath, ehemaliger Wikingjugend-Bundesvorsitzender, der Ralf Wohlleben im NSU-Prozess als Anwalt vertritt. Kaupert war den letzten Monaten mehrfach in Erfurt, so am 3. und am 5. Juni. Am 14. Juni 2016 war er Teilnehmer eines Treffens im Thüringer AfD-Fraktionsraum anlässlich der Vorbereitungen von Protesten wegen des geplanten Moscheebaus in Erfurt-Marbach.

„Volksbewegung Nordthüringen": Christoph Bransche

„Volksbewegung Nordthüringen“: Christoph Bransche

„Volksbewegung Nordthüringen": Christoph Bransche mit Hakenkreuz-Tattoo

„Volksbewegung Nordthüringen“: Christoph Bransche mit Hakenkreuz-Tattoo

Gemeinsam mit Martin Sellner („Identitäre Bewegung Österreich“) produziert Kaupert Videoclips für das Projekt „einprozent“. Daneben kooperiert „einprozent“ ganz offen auch mit der IB und klassischen Neonazi-Organisationen wie der „Volksbewegung Nordthüringen“. Auf einer vor kurzem durch „einprozent“ angelegten Vernetzungsseite finden sich mehrere IB-Ableger aus Thüringen und auch die „Volksvewegung Nordthüringen“. Besonders die selbsternannte Volksbewegung ist eine neonazistische Nachfolgeorganisation der „Autonomen Nationalisten Nordthüringen“ und der „Aktionsgruppe Nordhausen“. An ihrer Spitze stehen militante Neonazis und Holocaustleugner wie Alexander Lindemann aus Nordhausen oder Christoph Bransche. Lindemann ist außerdem Stützpunktleiter der antisemitischen „Europäischen Aktion Nordthüringen“ und Bransche trägt ganz offen ein Hakenkreuz auf seiner Brust (BILD). Bransche und Lindemann waren früher beide schon bei der gewalttätigen Neonazi-Hool-Gruppe „NDH City“ aktiv. Für „einprozent“ ist auch der ehemalige NPD-Schulungsleiter Kevin Schulhauser bei der „Identitären Bewegung Thüringen“ aktiv, der mit der Landesvorsitzenden der Thüringer AfD-Jugend bekannt ist, siehe 1.

9. Weitere Verbindungen früherer AfD-Aktivisten: Abneigung gegen Ausländer „biologisch normal“ und die „Ausschwitzlüge“

Gründung des AfD-Landesverbandes Thüringen 2013: Links Björn Höcke, 3.v.r. Matthias Wohlfahrt, Screenshot von der AfD-Homepage

Gründung des AfD-Landesverbandes Thüringen 2013: Links Björn Höcke, 3.v.r. Matthias Wohlfahrt, Screenshot von der AfD-Homepage

Verurteilter Holocaustleugner Latussek mit Auftritt am 9. Februar 2015 bei Sügida-Demonstration in Suhl, er war ebenfalls AfD-Mitglied

Verurteilter Holocaustleugner Latussek mit Auftritt am 9. Februar 2015 bei Sügida-Demonstration in Suhl, er war ebenfalls AfD-Mitglied

Erinnert sei auch an Höckes Vorgänger Matthias Wohlfarth, der bis 2014 Landessprecher der „Alternative für Deutschland“ in Thüringen war. Wohlfahrt schürte mit christlich-fundamentalistischer Rhetorik und völkischen Ideen Vorurteile. Bei Deutschlandradio Kultur gab er im März 2014 ein Interview, im der er Verständnis für rassistisch motivierte Schläger gezeigt hatte. So äußerte er: „Wenn ich das sehe, wie ein Afrikaner an der Bushaltestelle von irgendwelchen ‚Rechten‘ zusammengeschlagen worden ist, sehe ich aber auch den Hintergrund: Ich sehe den Hintergrund, dass möglicherweise durch eine lasche Handhabung mit kriminell agierenden Einwanderern so eine Antistimmung gefördert wird, ja“, die Abneigung gegenüber Ausländern wäre „biologisch normal“.

Auch kurz nach der Gründung des Landesverbandes 2013 sorgte die Mitgliedschaft von Paul Latussek für Furore. Der ehemalige Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen sprach auf einer Verbandstagung des Thüringer BdV am Jahrestag der Novemberpogrome 1938 im Zusammenhang mit der Opferzahl im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von Lügen und verharmloste damit die Tötung von Jüdinnen und Juden in Auschwitz. Wörtlich sagte er, die „Lügen über Katyn und Jedwabne und die Aussagen über die Opfer in Auschwitz und anderes“ seien „nicht mehr länger zu halten“. „In Auschwitz gab es offensichtlich keine 6 Millionen Opfer, sondern, wie ich in Polen erfahren habe, sind 930000 nachgewiesen“. Nachdem Latusseks Mitgliedschaft in der AfD durch Medienberichte öffentlich thematisiert wurde, ging die Partei auf Distanz zu ihm.

10. Unterstützung aus AfD-Kreisen bei Neonazis in Thüringen

Europäisches Neonazi-Treffen in Guthmannshausen am 23. Juli 2016: links Karl Richter (NPD), rechts: Udo Voigt (NPD), mitte: Uta Nürnberger, 2014 AfD-Stadtratskandidatin, am AfD-Landtagswahlprogramm in Sachsen beteiligt, Schriftführerin bei Gründung der „Patriotischen Plattform"

Europäisches Neonazi-Treffen in Guthmannshausen am 23. Juli 2016: links Karl Richter (NPD), rechts: Udo Voigt (NPD), mitte: Uta Nürnberger, 2014 AfD-Stadtratskandidatin, am AfD-Landtagswahlprogramm in Sachsen beteiligt, Schriftführerin bei Gründung der „Patriotischen Plattform“

Am 23. Juli 2016 fand in der geschichtsrevisionistischen Gedenkstätte Guthmannshausen im Landkreis Sömmerda erneut ein Neonazi-Treffen um den NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt statt, wir hatten im Vorfeld darüber berichtet. Laut der Neonazi-Gruppe „Wir lieben Sachsen / Thügida“ nahmen daran u.a. „Mitglieder der NPD, der Partei DIE RECHTE, der AfD (PatriotischePlattform), der DSU und Bürgerinitiativen“ teil. Auch die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck hielt eine Rede. Das Treffen der extremen Rechten mit Beteiligung aus mehreren europäischen Ländern wurde als „Zeichen der Einigkeit, gegen den schon krankhaften Distanzierungswahn“ bezeichnet. Auf einem Foto im Zentrum der Gedenkstätte posiert eine Frau im schwarzen Jacket gemeinsam mit den NPD-Aktivisten Karl Richter und Udo Voigt. Bei der Frau handelt es sich um Uta Nürnberger, die für die AfD bei der Leipziger Stadtratswahl 2014 kandidierte und an der Ausarbeitung des AfD-Landtagswahlprogramms beteiligt war.

Einmarsch von Neonazis in die „Gedenkstätte Guthmannshausen", mit dabei Michel Fischer, Alexander Kurth und Enrico Biczysko von der Partei „Die Rechte"

Einmarsch von Neonazis in die „Gedenkstätte Guthmannshausen“, mit dabei Michel Fischer, Alexander Kurth und Enrico Biczysko von der Partei „Die Rechte“

Als sich im gleichen Jahr als AfD-internes Sammelbecken für konservative Parteimitglieder die „Patriotische Plattform“ gründete, wurde Nürnberger zur Schriftführerin der Plattform bestimmt und Hans Thomas-Tillschneider als Vorsitzender. Es war nicht die erste Veranstaltung der Thüringer Neonazi-Szene mit Unterstützung aus AfD-Kreisen. Bei den „Sügida“-Aufmärschen, die seit Januar 2015 in Suhl durchgeführt wurden, waren mehrfach Mitglieder der AfD beteiligt. Die Aufmärsche wurden maßgeblich durch die in Südthüringen aktiven Neonazis Tommy Frenck, Yvonne Wieland und Patrick Schröder organisiert.

Eine Rede von Heiko Bernady bei Sügida-Demonstration

Eine Rede von Heiko Bernady bei Sügida-Demonstration

Ein prominentes AfD-Mitglied, Heiko Bernady, trat sogar als Redner auf. Er war Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Südthüringen und Mitarbeiter der AfD-Abgeordneten Corinna Herold, die sich nach dem öffentlichen Druck von ihm trennte. Bernady trat ebenfalls bei einer Sügida-Saalveranstaltung in der Immobilie des Neonazis Tommy Frenck in Kloster Veßra auf, die regelmäßig für Neonazi-Konzerte genutzt wird. Einige Thüringer AfD-Abgeordnete sind weiterhin mit Bernady befreundet. Auch Thomas Rudy scheinen die Aktivitäten von Bernardy egal zu sein, über ihre privaten Facebook-Profile sind beider weiterhin verbunden. Bis zum Februar 2014 war auch David Köckert Mitglied der AfD in Thüringen, in den Monaten zuvor organisierte er rassistische Aufmärsche in Greiz. Nach dem er zeitweise das prominenteste Gesicht der Thüringer NPD war, ist er inzwischen der Motor des neonazistischen Netzwerkes „Thügida“.

11. „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ – Funktionär der AfD-Jugendorganisation veranstaltet regelmäßig Kundgebungen mit der NPD

Lars Steinke (AfD)

Lars Steinke (AfD)

Steinke bei einer seiner Kundbebungen in Duderstadt mit Neonazis (Foto geklaut bei MOG)

Steinke bei einer seiner Kundbebungen in Duderstadt mit Neonazis (Foto geklaut bei MOG)

Ende 2015 begann eine Veranstaltungsreihe vom „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ im Eichsfeld, bei der regelmäßig die NPD-Aktivisten Matthias Fiedler und Rene Schneemann aber auch viele andere Neonazis aus Nordthüringen und Niedersachsen teilnahmen , wie Beobachter aus Göttingen (MOG) berichten. Über mehrere Wochen lang war Lars Steinke Funktionär der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ Anmelder dieser Kundgebungen, die häufig an einem Tag nacheinander in drei Orten im Grenzbereich Niedersachsen/Thüringen stattfanden.

Steinke mit NPD-Aktivisten und frühere regionalen Kadern bei der Kundgebung in Duderstadt (Bild: MOG)

Steinke mit NPD-Aktivisten und frühere regionalen Kadern bei der Kundgebung in Duderstadt (Bild: MOG)

Eine Alternative für Deutschland? Vielleicht wieder das „Deutsche Reich"? Neonazis vom „Freundeskreis Niedersachsen / Thüringen" sammeln sich vor einer Kundgebung in Northeim (Bild: MOG)

Eine Alternative für Deutschland? Vielleicht wieder das „Deutsche Reich“? Neonazis vom „Freundeskreis Niedersachsen / Thüringen“ sammeln sich vor einer Kundgebung in Northeim (Bild: MOG)

Steinke ist Führungsfigur im Niedersächsischen JA-Verband, bereits 2013 scheiterte ein Parteiausschlussverfahren wegen seiner Sympathien für extrem rechtes Gedankengut. Im Frühjahr 2016 plante er ebenso eine Veranstaltung mit Martin Sellner, Sprecher der „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ), die dann abgesagt wurde. Bei den Kundgebungen die vom „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ organisiert wurde nahm auch mehrmals Thorsten Heise teil, stellvertretender Landesvorsitzender der Thüringer NPD und Betreiber des neonazistischen „WB Versandes“. Die Thüringer AfD hatte die Einleitung juristischer Schritte durch Steinke gegen eine Linke-Abgeordnete angekündigt, welche die NPD-Verbindung thematisierte. Diese Ankündigung scheint sich jedoch als Ente entpuppt zu haben, da AfD bzw. Steinke offenbar wegen der erdrückenden Faktenlage eine juristische Niederlage vor Gericht befürchteten.

12. Thomas Rudy – probt mit Neonazis den „Sturm auf Berlin“

Erfurt im Juli 2016: AfD-Abgeordneter Rudy auf Kundgebung mit Neonazis, Bild geklaut beim Störungsmelder

Erfurt im Juli 2016: AfD-Abgeordneter Rudy auf Kundgebung mit Neonazis, Bild geklaut beim Störungsmelder

Thomas Rudy gemeinsam mit Neonazis Mitglied in der Facebook-Gruppe „Volksaufstand"

Thomas Rudy gemeinsam mit Neonazis Mitglied in der Facebook-Gruppe „Volksaufstand“

Der Ostthüringer AfD-Abgeordnete liefert am laufenden Band Belege dafür, wie weit rechts die AfD auch in Thüringen steht. Im Jahr 2014 wurde bekannt, dass er auf Facebook ein Bild von einem Auto mit einer Hakenkreuz-Fahne geliked hatte. Eine Anzeige hatte zwar eine Prüfung durch die Staatsanwaltschaft zur Folge, endete aber ohne rechtliche Konsequenzen für ihn. Im Oktober 2015 veröffentlichte Thüringen Rechtsaußen Belege dafür, dass Rudy über Facebook komplette Kartendaten der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ verbreitet hatte. Unter dem Namen „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“ war im Netz eine interaktive Karte mit Adressen und Belegungszahlen von Unterkünften Geflüchteter erhältlich. Zahlreiche der dort gelisteten Unterkünfte wurden zur Zielscheibe von Brandanschlägen, die durch die Partei „Der III.Weg“ auch gefeiert wurden. Als die Karte von Google Maps gelöscht wurde, wurden die Rohdaten als .kml-Datei verbreitet, so auch von Thomas Rudy. Er teilt Beiträge der „Identitären Bewegung“ und ist Mitglied bei verschiedenen dubiosen Facebook-Gruppen wie„Interventionskommando gegen die Lügenpresse“, „Die Patrioten“ und „Volksaufstand“, in denen sich zahlreiche Neonazis finden.

Thomas Rudy gemeinsam mit bekannten Neonazis Mitglied in der geschlossenen Facebook-Gruppe „Volksaufstand"

Thomas Rudy gemeinsam mit bekannten Neonazis Mitglied in der geschlossenen Facebook-Gruppe „Volksaufstand“

Zielsetzung der Gruppe „Volksaufstand": „„Sammelgruppe für den gemeinsam organisierten Sturm auf Berlin!"

Zielsetzung der Gruppe „Volksaufstand“: „„Sammelgruppe für den gemeinsam organisierten Sturm auf Berlin!“

Bei „Die Patrioten“ finden sich beispielsweise die NPD-Funktionäre Sebastian Schmidtke (NPD-Landesvorsitzender Berlin), Peter Richter (NPD-Landesvorsitzender Saarland) oder der NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz. Auch die Sügida-Anmelderin Yvonne Wieland und die extrem rechten Funktionäre Günther Deckert sowie Karl Richter sind neben Rudy mit von der Partie. Beim „Interventionskommando gegen die Lügenpresse“ findet sich Rudy neben dem ehemaligen sächsischen NPD-Abgeordneten Jürgen Gansel und dem Thüringer Holocaustleugner Christian Bärthel. In der Gruppe „Volksaufstand“ findet sich der Abgeordnete gemeinsam mit dem ehemaligen Mitglied des Thüringer Heimatschutzes und aktiven Holocaustleugner Jörg Krautheim (Die Rechte Landesvorstand), dem NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt, dem bekannten Reichsbürger Peter Frühwald und dem Revisionisten Meinolf Schönborn wieder. Auch ohne die Nazi-Kontakte ist die Mitgliedschaft Rudys in dieser Gruppe erstaunlich, heißt es doch in der Beschreibung: „Sammelgruppe für den gemeinsam organisierten Sturm auf Berlin!“.

AfD-Abgeordneter Rudy in der geschlossenen Facebook-Gruppe „Interventionskommando gegen die Lügenpresse", mit NPD-Mann Jürgen Gansel (Pseudonym Jürgen Werner) und dem Holocaustleugner Christian Bärthel aus Ostthüringen, mit dem Rudy aus regionalen Facebook-Gruppen bekannt ist

AfD-Abgeordneter Rudy in der geschlossenen Facebook-Gruppe „Interventionskommando gegen die Lügenpresse“, mit NPD-Mann Jürgen Gansel (Pseudonym Jürgen Werner) und dem Holocaustleugner Christian Bärthel aus Ostthüringen, mit dem Rudy aus regionalen Facebook-Gruppen bekannt ist

Einen Vorgeschmack für Rudys Aktivitäten auf der Straße bekam man Anfang Juli 2016 während des Besuchs der Bundeskanzlerin beim Landfrauentag in Erfurt.

Positionierung von Rudy zum Umgang mit NPD-Leuten

Positionierung von Rudy zum Umgang mit NPD-Leuten

An einer Protestkundgebung davor nahmen 70 Personen teil, Anmelder war Sven Liebig aus Halle, der in den 1990er Jahren bei dem extrem rechten Netzwerk „Blood&Honour“ führendes Mitglied war.

Unter den Teilnehmern befanden sich viele bekannte Neonazis, darunter solche mit T-Shirts der Partei „Die Rechte“ und der sächsische Funktionär der Partei, Alexander Kurth. Ebenso David Köckert von Thügida, zuvor NPD-Landesorganisationsleiter und der Matthias Kühr aus Gotha/ehemals Erfurt (Organisator der Neonazi-Hooligan-Gruppe „Patriotische Europäer sagen Nein“). Und mittendrin: Thomas Rudy, AfD-Abgeordneter des Thüringer Landtages. Erst eine halbe Stunde später wurde eine separate Kundgebung von der AfD angemeldet, nicht ohne sich freundlicherweise ein Transparent aus der von Neonazis dominierten Kundgebung zu leihen. Nach dem im April 2016 bekannt wurde, dass ein AfD-Abgeordneter in Sachsen-Anhalt einen ehemaligen NPD-Bundestagskandidaten beschäftigt, äußerte Rudy über Facebook „ein früherer NPDler darf nicht lebenslang ausgegrenzt werden. Der Mann hat sich außer der Parteimitgliedschaft nichts zuschulden kommen lassen. Und immerhin ist die NPD keine verbotene Partei“. In diesem Punkt dürfte er mit seinem Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke auf ganzer Linie übereinstimmen.

13. „Altenburger Bürgerforum“ und „Bürgerforum Ostthüringen“ – Militante Neonazis, AfD-Abgeordnete und Mitarbeiter geben sich die Klinke in die Hand

„Bürgerforum Ostthüringen": Neonazis und AfD-Funktionsträger geben sich die Klinke in die Hand

„Bürgerforum Ostthüringen“: Neonazis und AfD-Funktionsträger geben sich die Klinke in die Hand

Der frühere THS-Aktivist Krautheim relativiert den Holocaust am laufenden Band, wenn es nach Björn Höcke geht soll der Straftatbestand der Volksverhetzung abgeschafft werden (Screenshot: Krautheim bei Wir lieben Gera am 8. Januar 2016)

Der frühere THS-Aktivist Krautheim relativiert den Holocaust am laufenden Band, wenn es nach Björn Höcke geht soll der Straftatbestand der Volksverhetzung abgeschafft werden (Screenshot: Krautheim bei Wir lieben Gera am 8. Januar 2016)

Hier wurde schon ausführlich über das so genannte „Altenburger Bürgerforum“ und dessen Kontakte zur neurechten und extrem rechten Szene hingewiesen. Moderator und Sprecher des Forums ist der Kraftsportler und NPD-Sympathisant Frank Schütze, der auch Propaganda von Neonazi-Seiten oder Reden von Adolf Hitler verbreitet. Bei einer Veranstaltung des Forums mit Jürgen Elsässer und Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider (war Referent beim „Institut für Staatspolitik“, IfS) nahm auch der AfD-Abgeordnete Rudy teil. Aufmärsche des Bürgerforums wurden auch durch Neonazis wie Jörg Krautheim aus Gera unterstützt. Zum Austausch zwischen AfD und neonazistischer Szene dient beispielsweise auch das „Bürgerforum Ostthüringen“, eine Facebook-Gruppe mit 346 Mitgliedern, die seit neun Monaten existiert. Neben den Organisatoren vom „Altenburger Bürgerforum“ befinden sich darin der Neonazi-Schläger Robert Köcher und Holocaustleugner Christian Bärthel von Thügida, die Neonazis Jörg Krautheim und Sarah Schumann vom Ableger Thügida-„Wir lieben Gera“ und bis vor kurzem noch der langjährige Jenaer Neonazi und NSU-Helfer Andre Kapke, der inzwischen der Gruppe „Kein Heim Schöngleina“ im Saale-Holzland-Kreis zuzurechnen ist. Neben dem NPD-Politiker Per Lennart Aae findet sich auch Martin Brehme in der Gruppe, der zu einem Thügida-Ableger im Saale-Holzland-Kreis gehört und als gewaltsuchender Nachwuchs-Hooligan im Umfeld der „Anti-Antifa Ostthüringen“ aktiv ist. Diverse AfD-Mitglieder und Funktionsträger gehören der Gruppe ebenfalls an: So etwa die Thüringer AfD-Abgeordneten Thomas Rudy und Stephan Brandner, Vorsitzender des Thüringer Justizausschusses. Die Mitgliederliste umfasst auch Dieter Falk, der Schatzmeister des AfD-Kreisverbandes Gera-Jena-Saale-Holzland-Kreis (Vorsitzende AfD Mdl Wiebka Mushal), der auch Büromitarbeiter des AfD Abgeordneten Stephan Brandner ist. Falk war auch in der Facebook-Gruppe „Wir lieben Gera“ aktiv, in der er eine von ihm organisierte Busfahrt zum AfD-Aufmarsch am 20. Januar 2016 in Jena bewarb, an dem auch Neonazis aus Gera wie Jörg Krautheim teilnahmen. Gegen 21 Uhr verkündete Krautheim damals in der Gruppe, „ich war gerade drüben in Jena“, es sei „recht lustig“ gewesen. Derselbe Neonazi verbreitet erst wenige Tage zuvor in der „Wir lieben Gera“ Facebook-Gruppe einen Beitrag mit dem Titel: „Auschwitz – Warum die Gaskammern eine Lüge sind“ und rief dazu auf, sich zu organisieren, um den „Aufstand für die Wahrheit gemeinsam durch[zu]führen“. Im „Bürgerforum Ostthüringen“ findet sich mit Bärbel Kowsky auch ein Mitglied aus dem Thüringer AfD Landesvorstand, die auch stellvertretende Sprecherin des AfD-Kreisverbandes Greiz-Altenburg ist. Und schließlich auch die AfD-Aktivistin Ute Waltz, die mit dem Abgeordneten Rudy gemeinsam im August 2015 das AfD-Sommerfest in Schmölln ausrichtete. Sie ist eine von zwei Administratoren der Gruppe und verantwortlich für rund 80% aller eingespeisten neuen Beiträge in die Gruppe vom Zeitraum 1. bis 25. Juli 2016, ein Großteil davon enthält Mitteilungen der AfD Landespartei, der Fraktion, der Abgeordneten sowie AfD-Veranstaltungsankündigungen.

Administratorin der Gruppe mit 346 Mitgliedern ist die AfD-Aktivistin Uta Waltz

Administratorin der Gruppe mit 346 Mitgliedern ist die AfD-Aktivistin Ute Waltz

Im Gegenzug informieren auch Neonazis über aktuelle Veranstaltungen und Projekte, so wirbt Holocaustleugner Bärthel darin auch um Unterstützung für seine Gerichtstermine wegen Volksverhetzung. Gemeinsam mit Thomas Rudy hat Waltz beim Landtagswahlkampf der AfD Sachsen-Anhalt am 28. Februar 2016 in Naumburg und Zeitz plakatiert. Die 65-jährige war wie Bärbel Kowsky auch beim Stuttgarter AfD-Bundesparteitag. Waltz nutzt auch die russische Plattform vk.com sowie Facebook, um dort für die Thüringer AfD zu werben, eine Facebook-Eventseite zur offiziellen Veranstaltung „AfD Bürgerdialog“ mit den Abgeordneten Björn Höcke, Stephan Brandner und Stefan Möller wurde durch sie eingerichtet.

Fazit

Das ist keine abschließende Aufzählung, sondern eine Zusammenfassung einiger Highlights, die im Ergebnis darauf schließen lassen, dass die Aussage „Keine Kontakte der AfD zu rechten Szene“ nicht nur unzutreffend ist, sondern dass das Gegenteil der Realität entspricht: Es liegen zahlreiche Belege dafür vor, dass es zwischen AfD und der extrem rechten Szene in Thüringen nicht nur Verbindungen gibt, sondern auf mehreren Ebenen auch gemeinsame Aktivitäten stattfinden und Plattformen zur strukturellen Zusammenarbeit bestehen, welche  extreme Rechte und Teile der organisierten und militanten Neonzi-Szene einschließen. Dass die AfD nach Publikwerden derartiger Verbindungen gelegentliche Distanzierungen beteuert, ist alleine der Intention geschuldet, mögliche Schäden am eigenen Image sowie öffentliche und mediale Kritik möglichst schnell abzuwenden, ohne dass dies tatsächlichen Einfluss auf die Verflechtungen hätte, da sowohl die extreme rechte Szene als auch die AfD von diesem Zusammenspiel weiterhin profitieren.

Nachtrag

Beschluss des Amtsgerichtes Nordhausen zur Hausdurchsuchung und Strafbefehl gegen Manfred Keitel

Beschluss des Amtsgerichts Nordhausen zur Hausdurchsuchung und Strafbefehl gegen Manfred Keitel

Einige Stunden nach der Veröffentlichung von diesem Text legte der unter 5. aufgeführte AfD-Unterstützer Manfred Keitel über Facebook noch einmal nach und veröffentlichte den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Nordhausen gegen ihn, zur Beschlagnahme von Handys, Computern und Speichergeräten. Aus einem Strafbefehl zu seinen Hasskommentaren gehen auch die Gründe des Polizeieinsatzes hervor. So schrieb er über Facebook unter anderem die Worte: „dieses gesamte Muslimgesindel ist nach einem Regierungswechsel aus unserem Deutschen Vaterland zu eliminieren“, „widerliches Migrantengesindel“ und „Diese Ratten zusammenpferchen, vor einer Moschee ans Kreuz nageln und jedem mit der Lötlampe das Geschlechtsteil rausbrennen“. Parallel zur Veröffentlichung der zwei Seiten beschimpfte er Justizminister Maaß und Kanzlerin Merkel („der Strick um deinen Hals zieht sich zu“). Ein Nutzer der sich mit Keitel solidarisierte, ergänzte darunter: „Das haben die so eingefädelt, da wir vor 75 Jahren noch ein stolzes Volk waren mit langer, ruhmreicher Geschichte!! Dies wird uns jedoch täglich genommen- oder zumindest versucht uns zu nehmen!! -doch wir haben ihren Plan durchschaut“. Keitel drückte darauf gefällt mir und appellierte an Merkel: „Präge dir auch gut meinen Namen und die Namen meiner patriotischen Facebookfreunde ein, denn wir werden so lange kämpfen bis du gefallen bist Merkel!“.

In einer früheren Version war hier die Rede von der 1. Thüringer AfD-Demonstration am 16. September 2016 in Erfurt, korrekt ist natürlich der 16. September 2015.