Verurteilter „Objekt 21″-Neonazi, Waffentransporteur und NSU-Ausschusszeuge tritt am 27. Mai in Kloster Veßra als Liedermacher auf

Das „Gasthaus Goldener Löwe“ des Südthüringer Neonazis Tommy Frenck kündigt für den 27. Mai 2016 einen Liederabend mit dem Liedermacher „Reichstrunkenbold“ an. Hinter dem Namen steht der aus Hessen stammende Neonazi Philip Tschentscher, der auch in Thüringen aktiv war und in Verbindung mit dem kriminellen österreichischen Neonazi-Kulturverein „Objekt 21″ im Januar 2014 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde.

„In Buchenwald, in Buchenwald, da wird kein Jude richtig alt“

CD-Cover von Tschentschner

CD-Cover von Tschentscher

philip-tschentscherDas Netzwerk „Objekt 21″ sammelte Waffen, darunter auch ein AK 47 Sturmgewehr, eine Skorpion Maschinenpistole und Pistolen, eine abgesägte Schrotflinte und 10 kg Sprengstoff. Die Gruppe verbreitete NS-Ideologie und machte auch Rotlichtgeschäfte. Tschentscher wurden in Österreich NS-Wiederbetätigung und Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen, auch weil er die deutsch-österreichische Grenze eine Pistole schmuggeln wollte. Er ist seit den 90er Jahren in der extrem rechten Szene aktiv, zog 2002 nach Erfurt, trat auch als Redner der „Kameradschaft Frei­heits­kämpfer Erfurt“ bei Veranstaltungen wie „Süd-Westthüringer Runden freier Nationalisten” in Dillstädt auf und war Betreiber des Kameradschaftspostfachs in Erfurt. Er war organisatorisch bei der Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren An­gehörige (HNG) und anderen Vereinen aktiv, gilt auch als langjähriger Vertrauter von Manfred Roeder. Über weitere Aktivitäten berichtete auch das Magazin LOTTA. Tschentscher war als Liedermacher und fahrender Devotionalienhändler, CD und Waffenhändler in Österreich, Italien und Deutschland unterwegs, das Cover seiner ersten CD 2009 „Viel Asche um Nichts“ bildete auf dem Cover ein KZ-Krematorium ab, die Texte strotzten vor Antisemitismus, Rassismus und NS-Verherrlichung, riefen direkt zum Mord auf. Die im Folgejahr erschienene CD „Der Untergrund stirbt nie“ mit Hakenkreuz-Cover enthält neben Liedern wie „Arisches Kind“ den Bonustrack „live in der Waffenschmiede“ , der im Konzert­raum von Objekt 21 aufgenommen wurde. Im mit SS-Runen verzierten Keller trällerte Tschentscher dort Sätze wie „In Buchenwald, in Buchenwald, da wird kein Jude richtig alt. Fiederallala, fiederallala, fiederallalalala“ oder „Nach Bergen-Belsen fährt unser Reisebus. Wir fahren nach Bergen-Belsen. Die Öfen sind voll, die Stimmung ist toll“. Der Organisation Objekt 21 wurden etwa 150 Neonazis zugerechnet, mehrere Verbindungen habe es nach Thüringen insbesondere zur dem nun im Ballstädt Prozess angeklagten Neonazis. Nach seiner Festnahme im Sommer 2013 sagte er im selben Jahr als Zeuge beim Prozess gegen Objekt 21-Mitglieder im oberösterreichischen Wels aus und rief den Angeklagten zu „Lasst euch nicht unterkriegen, Jungs. Alles für Deutschland!“. Weitere Thüringer die wegen Objekt 21 inhaftiert wurden, waren Andreas Potyra und Steffen Mäder. Letzterer organisiert inzwischen auch Solidaritätskonzerte für die Angeklagten aus dem Ballstädt-Prozess.

Zeuge im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss im April 2016

NPD Erfurt-Mitte bewirbt Konzert des verurteilten Neonazis

NPD Erfurt-Mitte bewirbt Konzert des verurteilten Neonazis

Die Musikveranstaltung im Goldenen Löwe am 27. Mai wurde erst zwei Tage zuvor beworben und wird von Kneipeninhaber Tommy Frenck organisiert, der zuletzt am 7. Mai in Hildburghausen ein Neonazi-Openair Konzert mit 3.500 Personen organisierte.  In der Einladung heißt es: „Diesen Freitag haben wir für euch den Liedermacher „Reichstrunkenbold“ ausgegraben. Alte und neue Klassiker wird er bei Bier und Schnitzel zum Besten geben.“ Die Ankündigung mit „Reichstrunkenbold“ im Netz sorgte auch für Irritationen. „Ist damit öffentlich zu Werben nicht etwas fahrlässig?“ fragt ein Facebooknutzer vorsichtig auf dem Profil von Frencks Gaststätte und erhält die knappe Antwort „nope…ist doch alles absolut legal….“. Während seiner Haftzeit lief eine breite Unterstützerkampagne in der Szene unter dem Namen „Freiheit für Philip“. Am 18. April 2016 musste er vor dem hessischen NSU-Untersuchungsausschuss aussagen, behauptet dort, sich mit seinen eigenen Texten nicht inhaltlich zu identifizieren, vielmehr handele es sich um reine „Unterhaltungsmusik“ für die rechte Szene. In seinem eigenen Verfahren in Österreich 2014 machte Tschentscher ein Schuldeingeständnis und äußerte vor dem Urteil noch „Ich möchte ein unpolitisches Leben führen und mir in Deutschland was aufbauen”, was ihm das Gericht abkaufte und ihm ein mildes Urteil bescherte.

Eine solche „Glock" Pistole schmuggelte Tschenscher mit einem Magneten am Unterboden eines Autos befestigt

Eine solche „Glock“ Pistole soll Tschentscher geschmuggelt haben

Obwohl er drei Jahre hätte verbüßen müssen wurde Tschentscher am 02.03.2015 gemäß § 133a Abs. 2 des österreichischen StVG vorläufig aus der Strafhaft entlassen, in der es heißt: „Hat ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so ist vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs. 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen, und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird“. Das Gericht in Österreich hätte vielleicht nochmal nachhaken sollen, was genau er in „Deutschland aufbauen“ möchte. Neben gespielten Konzerten in Niedersachsen am 25.7.2015 im Raum Algermissen und am 12. September 2015 in Einbeck hatte sich Tschentscher auch beim Eichsfeldtag 2015 von Thorsten Heise blicken lassen. Heise war für ihn kein Unbekannter. Gemeinsam mit dem heutigen NPD-Landtagsabgeordneten David Petereit aus Mecklenburg Vorpommern („Der Weiße Wolf“, in dem 2002 Danksagung an NSU auftaucht) und ein paar weiteren Neonazis traf sich Tschentscher im Sommer 2006 in Heises Wohnung, gründete den Verein „Deutsch-Russische Friedensbewegung europäischen Geistes e.V.“. Tschentscher übernahm nach Heises Begrüßung die Sitzungsleitung. Auch Tommy Frenck gehörte dem Verein an und war Mitorganisator einer Veranstaltung des Vereins mit 90 Personen ein Jahr später in Pfersdorf bei Hildburghausen. Zu der am 27. Mai 2016 geplanten Musikveranstaltung bei Tommy Frenck mobilisiert inzwischen auch die NPD-Ortsgruppe Erfurt-Mitte. Die Parteikreise sind Tschentscher ebenfalls nicht unbekannt: vor zehn Jahren, im Januar 2006 wurde er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD-Jugendorganisation „JN“ in Thüringen gewählt.