Thüringer Verfassungsschutz: Ex-Präsident veranstaltet Vortrag mit extrem rechten VS-Beobachtungsobjekt „Burschenschaft Normannia zu Jena“

Die Burschenschaft Normannia zu Jena ist die einzige Thüringer Burschenschaft, die wegen ihrer Neonazi-Verbindungen seit Jahren vom Thüringer Inlandsgeheimdienst beobachtet wird. Nun traf sich Helmut Roewer getreu der Devise „mittendrin statt nur dabei“ mit den extrem rechten Normannen in Jena zu einem gemeinsamen Vortragsabend. Er leitete von 1994 bis 2000 den Thüringer Verfassungsschutz.

Rückblick: Burschenschaft Normannia und das Verhältnis zum Geheimdienst

V-Mann Brandt war als Saalschützer beim Vortrag 1999 im Einsatz

V-Mann Brandt war als Saalschützer beim Vortrag 1999 im Einsatz

Am 1. Dezember 1999 veranstaltete die Burschenschaft Jenensia in Jena einen Vortrag mit Peter Dehoust, Herausgeber der extrem rechten Zeitschrift ,Nation und Europa‘ und Eigentümer eines Grundstücks bei Kahla, auf dem bereits Mitte der 1990er Jahre Schiessübungen stattgefunden haben sollen. Bei der Veranstaltung der Burschenschaft kam ein „Saalschutz“ von bis zu 20 Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes (THS) zum Einsatz, aus dem Heimatschutz ging bekanntermaßen der NSU hervor. Die Veranstaltung wurde sowohl von Antifaschisten als auch dem Thüringer Verfassungsschutz beobachtet. Bei den Burschenschaftern gab es schließlich Streit um Dehoust, aus dem ein paar Wochen später die Abspaltung „Burschenschaft Normannia zu Jena“ resultierte. Der von Helmut Roewer geleitete Verfassungsschutz soll mit einer oder mehreren Quellen an vorderster Front involviert gewesen sein, mindestens die Beteiligung von V-Mann Tino Brandt an der Normannen-Abspaltung gilt als erwiesen. Brandt war auch Angestellter bei Dehoust und ebenfalls im anwesenden THS-Saalschutz vertreten. Zu den Gründungsmitgliedern zählte auch Dirk Metzig, der über beste Kontakte in die Neonazi-Szene verfügte, außerdem der NPD-Mann Rick Wedow, der zuletzt den Jenaer NPD-Verband leitete sowie Christian K. alias „Erlwig“ von der Neonazi-Band „Eichenlaub“.

Titelliste von Eichenlaub mit dem Lied „5. Februar" für Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe nach ihrer Flucht, Autor: Gründungsmitglied der Normannia

Titelliste von Eichenlaub mit dem Lied „5. Februar“ für Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe nach ihrer Flucht, Autor: Gründungsmitglied der Normannia

Die Musikgruppe widmete Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe nach ihrer Flucht ein eigenes Lied mit dem Titel „5. Februar“. Im Interview mit der deutschen Sektion von „Blood & Honour“ äußerte die Band 2000 dazu: „Eichenlaub: Ja das stimmt, es wurde von Erlwig geschrieben. Unmittelbar nachdem bekannt wurde, daß drei Kameraden von uns beim „Bombenbasteln“ aufgeflogen sind und noch vor einer Festnahme durch die Polizei fliehen konnten und immer noch auf der Flucht sind. (…) Trotzdem stehen wir zu dem was unsere drei Kameraden da getan haben. Wir, die sie wohl am besten kannten, können uns mittlerweile ganz gut vorstellen, warum sie diesen zweifelhaften Weg gegangen sind.“. Die Normannia wurde zum Sammelbecken für Neonazis und rechte Akademiker, an ihren Treffen nahmen auch regelmäßig die Neonazis Andre Kapke und Ralf Wohlleben, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt, teil.

Neonazi-Immobilie „Braunes Haus" in Jena-Altlobeda, von 2006 bis 2009 Normannia-Treffpunkt, inzwischen abgerissen

Neonazi-Immobilie „Braunes Haus“ in Jena-Altlobeda, von 2006 bis 2009 Normannia-Treffpunkt, inzwischen abgerissen

Von 2006 bis zur baurechtlichen Schließung im Jahr 2009 war das „Braune Haus“ in Jena zentraler Treffpunkt von Wohlleben, NPD, Kameradschaft und der Burschenschaft Normannia, die auch Vorträge und Stiftungsfeste organisierte. Die Burschenschaft warb für extrem rechte Internet-Seiten, äußerte sich nationalistisch, inserierte in rechten Publikationen und nahm an Neonazi-Aufmärschen wie 2004 in Halbe oder an Treffen rechter Parteien teil. Der Thüringer Verfassungsschutz hatte damals von Anfang an Kenntnisse über die Entwicklung in der Normannia.

Normannia-Mitglieder 2004 mit Kranz beim Neonazi-Aufmarsch in Halbe

Normannia-Mitglieder 2004 mit Kranz beim Neonazi-Aufmarsch in Halbe

Anders als antifaschistische Projekte, die in mehreren Broschüren über diese Verbindungen öffentlich publizierten, hielt der Geheimdienst mit seinem Wissen weitestgehend hinter dem Berg. Laut Thüringer Allgemeine vom 17. Mai 2000 soll Amtsleiter Roewer die Normannia als Beispiel für akademische Ansätze im thüringischen Neofaschismus angeführt haben. Die Prioritäten lagen jedoch anders. So ließ er Anfang 2000 über seine Tarnfirma „Heron Verlagsgesellschaft“ einen Lehrfilm von Reyk Seela produzieren, in dem die Gewaltbereitschaft von Linksautonomen als gewichtiges Problem dargestellt wurde, Neonazi-Aufmärsche ohne Kommentar abgebildet und Aussagen von Burschenschafts-Saalschützer Tino Brandt wie „Wir sind […] prinzipiell gegen Gewalt“ unkommentiert stehen gelassenen wurden. Auch Ralf Wohlleben kam unwidersprochen zu Wort, heute sitzt er im Münchener NSU-Verfahren auf der Anklagebank. Im Verfassungsschutz-Jahresbericht vom 1. Dezember 1999 wurde die für die extreme Rechte wichtige Veranstaltung der Burschenschaft Jenensia mit den THS-Saalschützern unter der Rubrik „Rechtsextremismus“ erst gar nicht erwähnt. Gleichwohl tauchte die Veranstaltung unter „Linksextremismus“ auf, auf einer ganzen Seite wurde über die Proteste eines lokalen Anti-Rechts-Bündnisses informiert. Im gleichen Jahr trat Roewer selbst auf einer Podiumsveranstaltung in Jena auf, um der Frage nachzugehen ob es einen „Rechtsextremismus“ überhaupt in Thüringen gebe. Vor laufenden Kameras erzählte der oberste Verfassungsschützer, dass das Dritte Reich auch seien guten Seiten gehabt habe.

Vortrag von Roewer am 19. August 2016 mit Neonazis in Jena

Roewer im „Querdenken TV" Interview

Roewer im „Querdenken TV“ Interview

Einladung der Normannia auf Facebook

Einladung der Normannia auf Facebook

Roewer publiziert inzwischen in rechtskonservativen, verschwörungstheoretischen bis extrem rechten Magazinen, zum Beispiel im Compact Magazin von Jürgen Elsässer seit 2014 oder im Grazer Ares Verlag seit 2010 (wir hatten hier berichtet). Im Dezember 2015 brachte er im YouTube-Interview mit „QuerdenkenTV“ im Kontext mit Protesten gegen Flüchtlinge einen „Umsturz“ in Deutschland ins Gespräch und deutete an, dass er während seiner Zeit als Präsident Möglichkeiten genutzt habe, um kritischen Journalisten zu schaden. Am 17. Juli 2016 kündigte die „Burschenschaft Normannia in Jena“ ein „besonderes Ereignis“ an, man wolle darüber reden, welche noch kommenden „Überraschungen“ das „System Merkel“ weiter bereithalte. Dazu habe man einen Redner gefunden, der zur „Neuen Weltordnung“ referieren könne, „es liest ein ehemaliger Repräsentant und Geheimdienstfunktionär dieses, „unseres geliebten Systems“ aus seinem aktuellen Buch“ hieß es in der Ankündigung. Dr. Helmut Roewer höchst persönlich, verkündete die Normannia stolz. Die besondere Würze, so die Burschenschafter, bestehe darin, „daß dieser Vortrag vor Leuten stattfinden wird, zu deren Überwachung der Gastredner einst angetreten ist“.

v.l.n.r. Hendrik Radtke, Nico Schneider, Marco Reese (Normannia)

v.l.n.r. Hendrik Radtke, Nico Schneider, Marco Reese (Normannia)

Unter der neuen Generation Normannia-Mitgliedern aus den letzten Jahren finden sich weitere organisierte Neonazis, wie Nico Schneider, ehemals JN, der mit Ralf Wohlleben auch für Beiträge beim „Freie Netz Jena“ verantwortlich war und beim Rechtsrock-Konzert „Fest der Völker“ mithalf. Aus Emails geht hervor, dass er 2009 von Wohlleben Aufträge erhielt und ausführte. In einer Email tauschten beide Originalvorlagen für „FN“-Graffitis aus, die sich danach gesprüht an über 30 Stellen in Jena wiederfanden. Auch der Liedermacher Tobias Winter, der beim Freien Netz in Jena/Kahla tätig war, gehört zur Normannia-Burschenschaft und trägt ihre Farben auch bei anderen Neonazi-Veranstaltungen.

Teilnehmer des Vortrages von Helmut Roewer: Hendrik Radtke, der für die „Gruppe NPD" im Kreistag in Eisenberg sitzt, hier mit „Skredriver"-Shirt

Teilnehmer des Vortrages von Helmut Roewer: Hendrik Radtke, der für die „Gruppe NPD“ im Kreistag in Eisenberg sitzt, hier mit „Skrewdriver“-Shirt

Er tritt regelmäßig bei internationalen Konzerten von „Blood & Honour“ als Musiker auf, eine Vereinigung die 2000 in Deutschland verboten wurde. Am 19. August 2016 fand der Vortrag mit Roewer schließlich bei der Burschenschaft Normannia zu Jena ohne weitere Außenwirkung statt. Unter den Teilnehmern befand sich der Neonazi Hendrik Radtke.

Er gehört seit 2014 der „Gruppe NPD“ im Kreistag des Saale-Holz-Kreises an, vertrieb zum Neonazi-Openair „Thüringentag der nationalen Jugend“ 2013 in Kahla eigene T-Shirts für die Szene und war mehrfach Teilnehmer von Neonazi-Aufmärschen in Thüringen und in anderen Bundesländern. Im Internet verbreitet er Neonazi-Musik, in der der Kampf der vermeintlich übergelegenen „weißen Rasse“ propagiert wird und tritt in Kleidung der Band „Skrewdriver“ auf, die eine der Gründungsbands des Blood & Honour Netzwerkes war. Im März 2013 wurde er während einer Razzia des LKA im Neonazi-Hausprojekt „Burg 19″ in Kahla, in dem sich seine Wohnung befand, von einer Kameradin um 6.30 Uhr vorgewarnt: „Hausdurchsuchung abgeschlossen. Haftbefehl besteht noch…gewünschte Person nicht angetroffen!!!!!“. Die Polizisten suchten eine Schusswaffe. Unter seinem Pseudonym „Viktor Mishima“ schrieb Radtke, der wie die meisten NPD-Abgeordneten in Thüringer Kommunalparlamenten faul ist und sich wenig bis gar nicht beteiligt, den Normannen einen Tag nach dem Besuch von Roewer an die Pinnwand unter die Veranstaltungsankündigung: „Ein sehr schöner Abend in netter Gesellschaft“.

Antwort auf eine Kleine Anfrage vom Februar 2016, eine von acht Bestätigungen der Landesregierung zwischen 2005 und 2016 zur Beobachtung der „Normannia“

Antwort auf eine Kleine Anfrage vom Februar 2016, eine von acht Bestätigungen der Landesregierung zwischen 2005 und 2016 zur Beobachtung der „Normannia“

Damit geht der ehemalige Verfassungsschutzpräsident nun in die unrühmliche Geschichte der Referenten bei der Jenaer Normannia ein, zu der auch der NPD-Cheftheoretiker Jürgen Schwab gehört. Der hielt bereits am 8. Mai 2009 bei der Burschenschaft einen Vortrag unter dem Titel „Das deutsche Volk, der deutsche Nationalismus und die deutschen Burschenschaften im 21 Jahrhundert“. Dass die Burschenschaft Normannia seit Jahren durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird, wurde immer wieder durch Nachfrage von Parlamentariern im Thüringer Landtag deutlich. Zwischen 2005 und 2016 bestätigte die Thüringer Landesregierung auf Kleine Anfragen acht Mal die extrem rechten Verbindungen der Normannia und erklärte, dass die Burschenschaft deswegen als Beobachtungsobjekt geführt werde. Zuletzt hieß es am 10.02.2016: „Das Amt für Verfassungsschutz beobachtet derzeit eine Burschenschaft in Thüringen, zu der tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vorliegen. Hierbei handelt es sich um die Burschenschaft „Normannia zu Jena“ (Normannia)“. Auf Nachfrage per Email im September 2016 teilte der Geheimdienst mit, dass sich dieser Sachstand nicht geändert habe.

Nicht Roewers erster Auftritt bei rechten Burschenschaftern

Roewer bei der Thessalia in Bayreuth im November 2015

Roewer bei der Thessalia in Bayreuth im November 2015

Der Auftritt bei der Normannia ist nicht Roewers erster Auftritt bei einer rechten Burschenschaft, bereits im November 2015 referierte er bei der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth zum Thema „Verfassungsschutz – Ein langlebiges Provisorium. Errichtung, Aufgaben und Funktionsweisen der deutschen Inlandsgeheimdienste“. Die Thessalia zählt zum äußersten rechten Rand im Korporationsspektrum , auch Roewer dürfte sie aus seiner Zeit als Verfassungsschutz-Präsident kennen. Im Bayreuther „Thessalenhaus“ lebte mehrere Jahre Mario Brehme, er war Stellvertreter von Tino Brandt beim Thüringer Heimatschutz, der nach eigenen Angaben einen Großteil seines Honorars von rund 100.000 € Honorar des Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz zurück in den THS zurückgeleitet hatte und dadurch mit Verfassungsschutz-Honoraren die Organisation stark machte. Brehme besuchte bis 1997 mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt mehrfach Aufmärsche sowie Treffen von „Anti-Antifa Ostthüringen“ und „Thüringer Heimatschutz“. Im Sommer 1998 reiste mit er Andre Kapke nach Südafrika, um dort unter anderen den Nazipublizisten Claus Nordbruch zu besuchen. Im Münchener NSU-Prozess erklärte im Februar 2016 ein Nebenkläger: „Es liegen zahlreiche Aussagen vor, dass mit diesem über die mögliche Unterbringung von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gesprochen wurde.“ Im Zusammenhang mit seiner eigenen Befragung vor dem Oberlandesgericht wurde in den Medien über eine Tätigkeit Brehmes für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) spekuliert. In der innerverbandlichen Debatte der Deutschen Burschenschaft positionierte sich die Thesallia in der Verbandszeitschrift „Burschenschaftliche Blätter“ bereits 2010 für das Abstammungsprinzip als Aufnahmekriterium, Teile des Beitrages wurden von der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks auf dem Burschentag 2011 für den so genannten „Ariernachweis“-Antrag verwendet.

Über „Lügenpresse“, Juden und „Geschichtslügen“

Roewers neues Buch (2016)

Roewers neues Buch (2016)

In diesen Tagen erscheint auch das neue Buch von Roewer, dass offenbar Gegenstand des Vortrages bei der Normannia war. In dem ersten Teil eines Dreiteilers mit dem Titel „Unterwegs zur Weltherrschaft. Warum England den Ersten Weltkrieg auslöste und Amerika ihn gewann“ wird erneut das krude Geschichtsbild des Juristen Roewer belegt. In einem am 26. August 2016 veröffentlichten Youtube-Video sinniert er über die Schuldfrage der Deutschen im 1. und 2. Weltkrieg. Er äußert dort: „Ich möchte endlich, dass Geschichtslügen, die seit 100 Jahren unsere Köpfe vernebeln, endlich mal beiseite geschoben werden“, die Deutschen seien nach bisheriger Geschichtsschreibung „die Bösen“ und die „Lügenpresse“ würde sie verblenden. Roewer übernimmt 1:1 den Pegida-Sprech, erzählt von „unsere Lügenpresse öffentlich-rechtlicher Bauart“ und ruft dazu auf: „Wir müssen sie (Anmerkung Red.: Die Menschen in Deutschland) unsicher machen, dass das was jetzt in unseren Geschichtsbüchern steht, man fast sich an den Kopf…“ und bezieht sich auch auf Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung. Roewer gibt sich dabei in seinen Ausführungen nicht nur revisionistisch: es geht auch um die „Bankfamilie Rothschild“, fingierte Anschläge und das amerikanische Finanzsystem. Er hebt einige Male den jüdischen Glauben von vermeintlich oder tatsächlich einflussreichen Persönlichkeiten hervor. Besonders ins Auge gefallen ist ihm die Entstehung der amerikanischen Zentralbank FED im Jahr 1923. Ab der 45. Minute spricht er über eine „Gang von Finanzbänkern“ und seine Recherchen über die Entstehung eines Gesetzentwurfes nach dem Vorbild einer europäischen Zentralbank. Er habe sich angeschaut „wann die ersten Sitzungen waren und die ersten Entwürfe geschrieben wurden, WER die ersten Entwürfe geschrieben hat!“, so Roewer.

Winter auf Youtube singend vor Hakenkreuz-Fahne (27.10.2014)

Normannia-Mitglied Winter auf Youtube singend vor Hakenkreuz-Fahne (27.10.2014)

Als er ansetzt und weitersprechen will „Es war wieder…“ stoppt er kurz und fügt hinzu: „ich muss immer aufpassen, dass die Leute nicht sagen jetzt war er antisemitisch, es war unter diesen 7 oder 8 Leuten, die sich zusammengesetzt hatten, war auch ein Jude dabei, nämlich Max Warburg“ (Fehler im Original, er meinte wohl Paul Moritz Warburg). Dass er mit solchen Ausführungen auch bei den antisemitischen Mitgliedern „Burschenschaft Normannia zu Jena“ ins Schwarze trifft, dürfte niemanden überraschen.

Normannia-Mitglied Winter beim JN Europakongress mit Mütze der "Burschenschaft Normannia Jena", 22.04.2014

Normannia-Mitglied Winter beim JN Europakongress mit Mütze der „Burschenschaft Normannia Jena“, 22.04.2014

Das Normannia-Mitglied Tobias Winter veröffentlichte Ende Oktober 2014 auf Youtube ein Solidaritätsvideo für den extrem rechten paramilitärischen Verband „Bataillon Azov“: Vor einer Hakenkreuzfahne singt Winter ein Lied der verbotenen Neonazi-Band Landser. Unter dem Video finden sich Lobeshymnen anderer Nutzer wie „Thank you from the Ukraine! 14/88“ und „Heil Hitler! JUDEN RAUS!“ (wir hatten hier berichtet). Im Jahr zuvor hatte der Burschenschafter die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslager Buchenwaldes besucht, um dort grinsend Fotos aufzunehmen, wie er vor Verbrennungsöfen und der „Jedem das Seine“-Inschrift des Tores posierte. Die Bilder veröffentlichte er zur Verhöhnung anschließend selbst im Internet. Winter war ebenfalls an der Erstellung eines Leitfadens der „Autonomen Nationalisten Weimar“ zur Begehung von neonazistischen Straftaten gegen Linke beteiligt, in dem über das Anlegen von Vermummung, das Einplanen von Fluchtgassen und klandestine Vorgehensweisen bei der Begehung informiert wurde. Das ist die neue Gesellschaft des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten, der über sechs Jahre lange den Thüringer Verfassungsschutz führte und prägte. Auf Anfrage von Thüringen Rechtsaußen wollte Roewer keine Stellungnahme dazu abgeben.

Weiterer Verfassungsschutzmitarbeiter beim gleichen Verlag

Roewer in der „Jungen Freiheit" Bestsellerliste

Roewer in der „Jungen Freiheit“ Bestsellerliste

Normannia zur AfD

Normannia zur AfD

Roewer kommt bei Neonazis, Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretikern gleichermaßen gut an. In der „Jungen Freiheit“ führt er mit seinem neuen Buch die Bestsellerliste auf Platz 1 an. Herausgegeben wird die Schrift übrigens vom kleinen Schweizer „Scidinge Hall Verlag“. Dort veröffentlicht auch Joachim Werneburg seine Werke, ein Ingenieur und Schriftsteller, der Mitte der 90er zum Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz wechselte. In Roewers Buch „Nur für den Dienstgebrauch“ aus 2012 heißt es auf Seite 92: „Werneburg verdankt seine Einstellung in das Amt der Intelligenzoffensive, die Innenminister Richard Dewes dem thüringischen Verfassungsschutz verordnet hat. Das Amt verdankt diesem Umstand wiederum einen schaffensfrohen Verfasser der gesamten Amtsberichtserstattung, die nach außen geht. So wird der monatliche „Nachrichtendienst“ in einem professionellen Outfit zu einem beneideten Aushängeschild dafür, was geheimdienstliche Tätigkeit auch sein kann.“ Werneburg war unter Helmut Roewer Pressesprecher des Thüringer Verfassungsschutzes und publizierte bereits im esoterisch rechten Kleinverlag „Edition Arnshaugk“. In der Burschenschaft Normannia zu Jena sind nicht nur NPD-Mitglieder und Unterstützer aktiv. Am 5. September 2016 schrieben die Burschenschafter auf ihrem Facebook-Account, dass „einige Normannen in den letzten Tagen in Mecklenburg-Vorpommern beim Wahlkampf geholfen haben“ und verlinkten dazu einen Wahlaufruf für die AfD. Zuletzt hatte sie schon Beiträge vom Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke, der Identitären Bewegung und der rechten Kampagne „Ein Prozent“ verbreitet.

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