Der Ballstädt Prozess – Eine Übersicht der angeklagten Neonazis

Am 2. Dezember 2015 beginnt der Prozess gegen 14 Männer und eine Frau, die in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2014 mehr als zehn Menschen einer Kirmesgesellschaft in Ballstädt überfallen und erheblich verletzt haben. Einer Person wurde durch Schläge ein Ohr halb abgerissen. Wir stellen die Angeklagten hier kurz vor.

Thomas Wagner

Der 40-jährige Neonazi stammt aus Gotha und gilt als Haupttäter bei dem Überfall. Wagner ist seit den 90er Jahren ein Urgestein in der Thüringer Neonazi-Musikszene, spielte in den Bands „Kampfgeschwader“, „Bataillon“ und zuletzt „Sonderkommando Dirlewanger“ (SKD) mit. Wegen des Überfalls saß er vom 16. Februar bis 23. April 2014 in Untersuchungshaft. Da er nicht standhaft blieb, gegen das Schweigegelübde in Nazikreisen verstieß und aussagte, wurde Wagner aus der U-Haft entlassen. Er ist der Blood & Honour Bewegung zuzurechnen und verbüßte schon Haftstrafen. In seinen Liedtexten wettert er gegen Juden, kriminelle Ausländer und Drogen. Bei einer Hausdurchsuchung am 30. August 2013 stellten Ermittler bei ihm Amphetamine, also chemische Drogen sicher, und seit dem Beginn seiner kriminellen Karriere wurde er unzählige Male bei Einbrüchen, Raub und Bandendiebstahl erwischt.

Ricky Nixdorf

ballnixdorfDer 40-jährige Sonneberger war Mitglied mehrerer Bands wie „Sturmangriff“, „Volksverhetzer“ und zuletzt „Unbeliebte Jungs“. Nixdorf ist der Blood & Honour Bewegung zuzurechnen und wurde sechs Jahre nach ihrem Verbot am 7. März 2006 erneut durchsucht, weil er im Verdacht stand, die Vereinigung illegal fortzuführen. In Szenekreisen gilt er als aggressiv, gewalttätig und sadistisch. In der Vergangenheit hat Nixdorf mehrfach auch Frauen attackiert und verletzt, er saß bereits im Gefängnis. In Sonneberg mietet er seit fast 15 Jahren immer wieder Hallen für Neonazi-Treffen, Proberäume und Konzerte an. Nixdorf ist Fan des Fußballclubs Carl Zeiss Jena und besucht dort gelegentlich Fußballspiele.

 

 

Tony Steinau

ballsteinerDer 32-jährige Neonazi war 2014 und 2015 sehr umtriebig und auf zahlreichen Neonazi-Aufmärschen in Thüringen präsent, darunter auch mehrere Sügida und Thüigda-Aufmärsche. Steinau ist seit über zehn Jahren in der Szene aktiv, wohnt in Bad Langensalza sowie in der Ballstädter Szeneimmobilie „Gelbes Haus“ bei seiner Freundin Christina Hartmann, die ihn stets liebevoll „Kacklarve“ nennt. Dass er Antifaschisten erschlagen, töten oder aufschlitzen möchte, daraus macht er seit Jahren keinen Hehl. Kurz nach dem er für das Waffenfoto „NSU-Reloaded“ im Dezember 2012 posierte, veröffentlichte er auch eine Grafik mit dem Titel „Smash the Reds!! NS“, bei dem eine in rot eingefärbte Person am Boden liegend der Kopf blutig geschlagen wurde.

David Söllner

ballsoellnerDer 26-jährige Neonazi aus Sonneberg gehört ebenfalls der Band „Unbeliebte Jungs“ an. Er trat als Gitarrist bei einem von Michel Fischer organisierten Konzert am 7. Februar in Kirchheim auf, am 26. September in Kloster Veßra beim „Thüringentag der nationalen Jugend“ von Tommy Frenck und am 14. November 2015 beim Ballstädt-Soli-Konzert der Hausgemeinschaft Jonastal in Kirchheim. Söllner sieht völlig harmlos aus, war aber früher schon an Gewalttaten beteiligt und hat Freude daran, Opfer von Konzentrationslagern zu verhöhnen. In der Band mit Ricky Nixdorf übernimmt Söllner die Gitarre.

 

 

Ariane Scholl

ballstaedtschollDie einzige Frau, die auf der Anklagebank sitzt, soll den Überfall mit koordiniert haben. Die 32-jährige aus Stadtilm kommt aus dem Umfeld der Arnstädter Neonazi-Szene und ist auch seit über zehn Jahren dabei. Nach der Verhaftung von Thomas Wagner am 16. Februar 2014 organisierte sie ein Spendenkonto bei der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau, um dort Gelder für das Haus, den Kredit, ein Tonstudio und Anwaltskosten im laufenden Ballstädt-Verfahren zu sammeln. Scholl befürwortet Gewalt gegen Linke und pflegt thüringenweit Kontakte in die Neonazi-Szene.

Marcus Russwurm

ballrusswurmDer 31-jährige Zimmerer gilt als cholerischer Durchdreher, der immer wieder zuschlägt. Gewalt gegen Menschen ist zentraler Bestandteil seines Lebens. Der Muskelprotz geht nicht nur ins Fitnessstudio, er soll auch Hilfsmittel für den schnelleren Muskelaufbau verwenden. Im Landtagswahlkampf 2014 unterstützte er die Thüringer NPD bei mehreren Infoständen und Kundgebungen sowie dem Verteilen von Flyern und Aufhängen von Wahlplakaten. Russwurm gehört zu den drei wichtigsten Models des Szeneversandes „Ansgar Aryan“. Weil er immer wieder die Beherrschung verliert, musste Russwurm 2007 in eine Psychiatrie eingewiesen werden.

 

Kai Lückert

ballfahrenbachDer 30-jährige Suhler besucht gelegentlich Veranstaltungen der Neonazi-Szene, bewegt sich auch in der Hooliganszene um den Fussballverein Rot-Weiß Erfurt und fährt gemeinsam zu Auswärtsspielen des Vereins. Ähnlich wie Markus Russwurm macht Lückert regelmäßig Kraftsport und soll dabei auch Hilfsmittel zum schnelleren Muskelaufbau einsetzen.

Matthias Pommer

ballpommerDer 29-jährige Eisenacher war in diesem Jahr mehrmals Gast bei Sügida bzw. Thügida Demonstrationen und wechselt seine Outfits vom klassischen Nazi-Skin bis zum klischeehaften Nazi-Hipster. Mit der Hausgemeinschaft Jonastal ist er eng verflochten und immer wieder Besucher in der Szeneimmobilie „Gelbes Haus“ in Ballstädt. Zum 40. Geburtstag vom mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben schickte Pommer einen „Gruß“ an Wolle.

 

 

Andre Keller

Andre Keller (Hausgemeinschaft Jonastal)

Andre Keller (Hausgemeinschaft Jonastal)

Der 35-jährige aus Bad Langensalza hat zusammen mit dem Neonazi Steffen Mäder die Immobilie „Gelbes Haus“ in Ballstädt erworben, die seit 2013 immer wieder für Treffen, Musikveranstaltungen und als Wohnraum genutzt wurde. Keller posierte mit Waffe auf dem „NSU Reloaded“ Foto der „Hausgemeinschaft Jonastal“. Seit dem Überfall fanden mehrere Solidaritäts-Konzerte der Gruppe statt, mindestens im Fall des Konzertes am 14. November 2015 in Kirchheim mit der „Lunikoff“ Verschwörung gingen nachweisbar die Eintrittsgelder für Konzertkarten auf Kellers Konto bei der Volks- und Raiffeisenbank Westthüringen. Insgesamt dürfte es sich um 5.000 € gehandelt haben.

Rocco Boitz

ballboitzDer 30-jährige Sachse gehört zur „Hausgemeinschaft Jonastal“ und posierte Ende 2012 auf einem Gruppenfoto mit Waffen, das unter dem Motto „NSU Reloaded“ stand. Der gelernte Boxer solidarisiert sich auch mit dem mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben. Boitz macht Neonazi-Musik und neben den Bands Sturmwehr und Blitzkrieg steht er auf blutige Kettensägen-Massaker Figuren.

 

 

Tim Heerlein

ballherrleinDer 33-jährige aus der Nähe von Suhl ist seit mindestens 10 Jahren in der Neonazi-Szene aktiv und war Sänger der Südthüringer Band „Skuld“, die besonders in den Jahren 2004 bis 2007 aktiv war und deren Name in der germanischen Mythologie so viel wie die „Schicksalsgöttin der Zukunft“ bedeutet. Heerlein sympathisierte  ebenfalls mit der Blood & Honour Bewegung und gab auch gemeinsam Konzerte mit dem Angeklagten Thomas Wagner und dessen Band SKD. Die Neonazis um die Hausgemeinschaft Jonastal begleitet er über ihre verschiedenen Immobilien hinweg, vom „Toringi e.V.“ Vereinsheim in Gotha, über das Haus in der Bahnhofsstraße in Crawinkel oder zuletzt das „Gelbe in Haus“ in Ballstädt.

 

Stefan Fahrenbach

ballfahrenbachDer 30-jährige aus Suhl nahm dieses Jahr mehrmals an Sügida Aufmärschen teil und vermummte sich dabei am 8. Juni 2015 in Suhl mit einem Schlauchtuch oder einer Sturmhaube. Fahrenbach hat einen engen Draht zur Sonneberger Szene um die Angeklagten Nixdorf und Söllner. Bei der ersten Thügida-Demonstration am 23. März 2015 in Erfurt war er ebenfalls Teilnehmer.

 

 

 

Markus Blasche

ballblascheDer 27-jährige Muskelprotz aus Pößneck/Neustadt an der Orla saß bereits in der JVA Ichtershausen in Haft, ist begeisterter Kampfsportfan, trainiert Krafttraining und soll beim Muskelaufbau ebenfalls nachhelfen. Blasche nahm an den Aufmärschen der Partei „Der III. Weg“ am 1. Mai 2014 in Plauen und am 1. Mai 2015 in Saalfeld teil, außerdem an Thügida-Demonstrationen und der Erfurter AfD-Demonstration am 21. Oktober 2015. Der glühende Antisemit ist extrem gewalttätig und glorifiziert den Nationalsozialismus, wo er nur kann.

Christian Herrmann

ballherrmannDer 32-jährige Neonazi mit dem Spitznamen „Plinse“ hat bereits vor über 10 Jahren als Gitarrist mit Thomas Wagner zusammen in der Band „SKD“ gespielt. In dem Lied „Hängt sie auf“ heißt es zum Beispiel: „Hängt sie auf die Volksverräter an Laterne oder Baum … jagt das Pack, das einst sie holten raus aus jedem deutsche Gau aus ihren Banken, Synagogen, Raus, Raus Raus ..“. Wegen dieser und anderer Volksverhetzungen stand auch Herrmann mehrfach als Mittäter im Fokus der Ermittler. Herrmann sympathisierte mit „Blood & Honour“, seine Band war auf mehreren „Blood & Honour“ CDs mit Liedern vertreten. Herrmann war auf Aufmärschen der Neonazi-Szene präsent und an Überfällen beteiligt.

 

Johannes Baudler

ballbaudlerDer 20-jährige Sonneberger ist der jüngste Angeklagte im Ballstädt Verfahren, aber keinesfalls harmloser als die anderen. Am 1. Juli 2014 bezeichnete er auf der Webseite des Bündnis Zukunft Hildburghausen Muslime als „Arafatz Gesindel“ und erklärte zuvor im April eine Teilnahme am „Intolerance Day 2014“, als die Neonazi-Szene anlässlich des 125. Geburtstages von Adolf Hitler dazu aufrief: „Also los…geht raus und schubst Schwulen und Lesbenpärchen…kackt auf die Teppiche der Moscheen…Gebt den Affen Bananen“. Eine Woche vor dem Überfall in Ballstädt verbreitet er das englische Lied „Final Attack“ der Neonazi-Band „Final War“, in dem es sinngemäß übersetzt heißt: „Der Tag der Rache nähert sich, um dich für deine Rasse und Familie zu rächen, kämpfe dagegen, schlag sie tot…lass die Straßen rot einfärben, mache keine Gefangenen. Keiner kann dich stoppen, bis deine Mission erledigt ist“. Wenige Tage später wurde so etwas in Ballstädt offenbar in die Tat umgesetzt.

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