„VIP Schild“-Security aus Jena: Neonazis kein Einzelfall

Die Kampagne „Kein Bock auf Nazis“ hat vor einigen Tagen darauf aufmerksam gemacht, dass der Thüringer Neonazi Michel Fischer aus Tannroda als Security beim Schlossgrabenfest in Darmstadt tätig war. Die Firma „VIP Schild“ aus Jena beteuert, dies sei ein Einzelfall. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf: Die Firma ist von oben bis unten mit Neonazis und der extrem rechten Szene nahestehenden Personen durchsetzt.

Jenaer Securityfirma mit Vorliebe für Neonazis und Hooligans

Einige "VIP-Schild"-Mitarbeiter beim Gruppenfoto

Einige „VIP-Schild“-Mitarbeiter beim Gruppenfoto

Fischer ist einer der umtriebigsten Neonazis in Thüringen und mehrfach auch wegen Gewaltdelikten vorbestraft. Nun gilt es als sicher, welche Security-Firma Fischer in Darmstadt einsetzte: VIP Schild Security aus Jena. In einem Artikel heißt es nun, Fischer sei nur Vertretung für seinen Bruder gewesen.

Michel Fischer: Oben beim Neonazi-Taruermarsch, unten als Schild-Security in Darmstadt

Michel Fischer: Oben beim Neonazi-Trauermarsch, unten als Schild-Security in Darmstadt

Ein genauerer Blick zeigt jedoch, Fischer ist bei weitem nicht der einzige Neonazi den VIP Security beschäftigt, die durch Katharina Fenk und Jan Schild geführt wird. Erst vor kurzem schickte die Firma mehrere Leute aus ihrem Team zu einem IHK Lehrgang, darunter auch der Neonazi und JN-Mitglied Rene Dittebrandt aus Erfurt. Dittebrandt ist seit mindestens zwei Jahren in der Neonaziszene aktiv und nahm an zahlreichen Demonstrationen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt teil. In Erfurt gehört er zu den umtriebigsten Neonazis und ist fest in die Szene rund um die „Jungen Nationaldemokraten“ integriert. Neben Dittebrandt findet sich auf dem Teambild der Schild-Security auch Katja Arlt aus Erfurt. Sie war unter anderem Teilnehmerin des 1. Mai-Aufmarsches der NPD in Erfurt und lies sich hier stolz mit dem Neonazi-Musikduo „A3stus“ ablichten. Auch viele andere Neonazis finden und fanden sich unter den Mitarbeitern der Firma Schild, so der Neonazi Kevin Armstroff, der zu den „Autonomen Nationalisten Weimar“ gehört und als bekannter Schläger an zahlreichen Neonazi-Demonstrationen in den letzten Jahren teilnahm. Armstroff war zum Beispiel Ende 2012 zusammen mit dem Neonazi Kevin Reibe durch die „VIP Schild“ als Security im Weimarer „Studentenclub Schützengasse“, eingesetzt wie die AAG Weimar berichtete. Auch bei Fussballspielen setzte die Firma Schild Weimarer Neonazis als Ordner ein. So wurde Armstroff bei einem Spiel des FC Ingolstadt gegen den FC Carl-Zeiss Jena im Auftrag von Schild Security gesehen sowie sein Neonazi-Kumpane Matthias Zerrer, der auch ein großes White Power Tattoo auf dem Arm trägt, als Ordner beim Spiel des SSV Jahn Regensburg gegen SC Preußen Münster.

Kevin Armstroff ("Autonome Nationalisten Weimar") als Ordner für "VIP Schild"

Kevin Armstroff („Autonome Nationalisten Weimar“) als Ordner für „VIP Schild“

Mitte der 2000er sollen ebenso der damalige NPD-Kreisvorsitzende Martin Rühlemann aus Weimar sowie der Vorsitzender der NPD-Jugendorganisation „JN Thüringen“, Christian Kaiser für Schild gearbeitet haben. Auf Facebook zeigen sich auch heute noch Mitglieder der Firma Schild ungeniert, so zum Beispiel Lars Schmidt, der mit Thor Steinar Klamotten und „Ruhm und Ehre“-Tattoo in Frakturschrift auf seinem linken Unterarm posiert. Die Firma rekrutierte immer wieder in der Neonazi- aber auch Hooliganszene.

Matthias Zerrer (White Power Tattoo am Arm): Auch für "VIP Schild" im Einsatz

Matthias Zerrer (White Power Tattoo am Arm): Auch für „VIP Schild“ im Einsatz

Durch den angeschlossenen „Fightclub Jena“ findet auch ein Kampfsport-Training statt. Als Trainer tritt neben Firmengründer Jan Schild, auch dessen rechte Hand, Christian Jäger auf. Sowohl auf der Facebookseite von Jäger als auch auf der seines Schild-Security Kollegen Michael Körber finden sich entsprechende Verlinkungen zur rechten Hooligan-Band „Kategorie C“. Jäger hat darüber hinaus zahlreiche Freundschaften zu Thüringer Neonazi-Aktivisten, wie zum Beispiel zu Denny Schwarz aus der Erfurter Kameradschaftsszene oder zu dem extrem rechten Gewalttäter Christopher Seelig, der zur „Aktionsgruppe Weimarer Land“ von Michel Fischer gehört.

 

 

Verbindungen zur extremen Rechten auch beim Firmenchef – „Adolf Hitler wollte Frieden“

Firmengründer und Kampfsportler Jan Schild

Firmengründer und Kampfsportler Jan Schild

Das Firmenoberhaupt Jan Schild tritt in sozialen Netzwerk nicht unter seinem Klarnamen sondern mit Pseudonym „Jan Ski“ auf, ist durch Fotos aber eindeutig zuzuordnen. Als im Herbst 2014 die „Hooligans gegen Salafisten“ in Köln wüteten und ein Polizeiauto umwarfen, kommentierte Schild dies süffisant mit „ein Sonniger Tag in Köln“, während auf seiner Firmenseite zur selben Zeit noch stolz auf eine vor 10 Jahren aufgestellte Sicherheitspartnerschaft mit der Jenaer Polizei verwiesen wird. Doch Schild hat selbst eine Vergangenheit in der Neonazi-Szene und langjährige Kontakte zu einschlägigen Neonazis, die bereits in den 90er Jahren in Stadtroda und anderen Teilen des Saale-Holzlandkreises aktiv waren. Unter seinem Pseudonym bekennt er sich zum rechten Rand und steht nicht nur zur AfD-Funktionärin Frauke Petry, zu „Muegida“ und zum Dresdner Original „Pegida“.

Schild-Mitarbeiter beim "Combat"-Training, einer der leitenden Trainer: Christian Jäger

Schild-Mitarbeiter beim „Combat“-Training, einer der leitenden Trainer: Christian Jäger

Er verbreitet heute auch Inhalte von neonazistischen Internetseiten: am 19. Mai 2014 einen Beitrag der Neonazi-Gruppe „Freies Netz Saalfeld“, am 23. März 2015 eine Internetseite aus dem extrem rechten Reichsbürger-Umfeld, welche Reden hochrangiger NS-Größen publiziert und feststellte, dass die BRD nicht existiere und das Deutsche Reich fortbestehe. Am 26. April 2015 verbreitete Schild auch ein geschichtsrevisionistisches Video („Adolf Hitler wollte Frieden“), in dem die Kriegsschuld geleugnet und auf einen vermeintlich friedfertigen Adolf Hitler Bezug genommen wird, der doch Friedensangebote an andere Länder unterbreitet hätte, dazu ein Kommentar von ihm, dass man das in der Schule noch anders gelernt habe.

Pegida, Reichsbürger, Revisionisten und Neonaziseiten: Jan Schild hilft bei der Verbreitung im Internet

Pegida, Reichsbürger, Revisionisten und Neonaziseiten: Jan Schild hilft bei der Verbreitung im Internet

Am 30. April 2015 teilte er auch einen Beitrag der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ zu einem Link über vermeintlich kriminelle Ausländer. Es gibt viele weitere Verbindungen die von „VIP Schild“ in die extrem rechte Szene führen, viele Mitarbeiter bei Schild tragen eindeutige aber häufig verdeckte Tätowierungen. Andere bekennen sich auch öffentlich zur NPD, wie die für Schild als Sicherheitsdienstleister arbeitenden Personen Andrea Finn, Sven Stuchlik, Dana Konrad oder Pascal Kutzner.

Wegen der Verbindungen nach Rechtsaußen trennten sich mehrfach Vertragspartner von der Firma „VIP Schild“. So fasste auch der Studierendenrat StuRa der Universität Jena am 9. Juli 2013 einen Beschluss, künftig keine Aufträge mehr an Schild zu vergeben. Auch der Spielfilm, welcher derzeit zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) in Thüringen gedreht wird und im Jahr 2016 in der ARD ausgestrahlt werden soll, hatte zunächst eine Vereinbarung mit „VIP Schild“ getroffen, wonach die Jenaer Securityfirma entsprechende Komparsen und Darsteller für den Dreh engagiert. Die Firma suchte bereits aktiv nach Leuten, doch ehe den Filmproduzenten bewusst wurde, dass mit jener Firma nicht nur gespielte Neonazis sondern waschechte Neonazis an das Set geholt werden, trennte man sich von Schild.

 

Tragen zahlreiche Mitarbeiter unter den Klamotten: Tattoos mit Bezügen zum Dritten Reich, hier Mitarbeiter Lars Schmidt

Tragen zahlreiche Mitarbeiter unter den Klamotten: Tattoos mit Bezügen zum Dritten Reich, hier Mitarbeiter Lars Schmidt

Mitte Mai 2015 machte auch in der Erfurter Fanszene ein Gerücht die Runde: Der Verein Rot-Weiss Erfurt habe einen neuen Ordnerdienst beauftragt: „VIP Schild“ aus Jena. Das sorgte auch für reichlich Verärgerung bei diversen Fans, zum einen weil die Firma aus der Erzfeind-Stadt Jena kam. Zum anderen, weil die Firma für ihre Verstrickungen in die extrem rechte Szene bekannt sei. Das Präsidium vom RWE knickte schließlich ein, machte einen Rückzieher und bedauerte am 22. Mai 2015 „wie hoch der wirtschaftliche Schaden für den Verein ist“, weil die Jenaer Firma so günstig gewesen sei.

Mitarbeiter von "VIP Schild" beim IHK-Kurs 29. Mai 2015, darunter bekannte Neonazis, zum Beispiel 1.v.l.: Katja Arlt und 6.v.l: Rene Dittebrand

Mitarbeiter von „VIP Schild“ beim IHK-Kurs am 29. Mai 2015, darunter bekannte Neonazis, zum Beispiel 1.v.l.: Katja Arlt und 6.v.l: Rene Dittebrand

Doch maßgeblich für die Absage in letzter Sekunde waren offenbar nicht die Naziverstrickungen, sondern eher die Fussballrivalität mit dem Jenaer Club, der im gleichen Atemzug von den Fans als „Rattenverein“ betitelt wird. Das Präsidium hatte offenbar Sorge vor weiteren Debatten oder Vorwürfe, „VIP Schild“ stünde im neuen Aufgabenfeld eher dem verfeindeten Verein aus Jena nahe. Dabei hätte nach Angaben von RWE-Präsidiumsmitglied Thomas Kalt „VIP Schild“ ihnen gegenüber doch „zuverlässig und absolut glaubhaft zugesichert, das weder Mitarbeiter aus der „rechten Szene“ noch aus dem Fanumfeld des Rivalen nach Erfurt gekommen“ wären.  Der Oberbürgermeister Jochen Partsch von Darmstadt (Grüne) hingegen äußerte nach dem Auftritt von Fischer bzw. „VIP Schild“: „Die Wissenschaftsstadt Darmstadt und ich persönlich haben eine klare Haltung gegen alte und neue Nazis, Rechtsradikale und Rassisten. Ein Unternehmen, das, was überprüft werden muss, Personen mit solchem Hintergrund beschäftigt, wäre für uns kein Vertragspartner“. Der Veranstalter Thiemo Gutfried erklärte nach Angaben von Darmstadt echo: „Ich bin schockiert“. Der weitere Einsatz der Firma in Darmstadt sei „zumindest infrage zu stellen“. Schild solle zuvor ein Konzept vorlegen, mit dem sichergestellt ist, dass dies nicht mehr vorkommen könne. Sofern einer der Veranstalter bis hierhin aufmerksam mitgelesen haben sollte, dürfte eigentlich klar sein: Ein solches Konzept kann es mit der Firma „VIP Schild“ nicht geben, weil diese von oben bis unten mit Personen durchsetzt ist, die der extrem rechten Szene nahestehen oder selber als bekannte Nazischläger in Erscheinung treten.

Logo der Firma

Logo der Firma, Sreenshot von der Homepage

Katja Arlt (VIP Schild) mit der Neonazi-Band "A3stus" am 1. Mai 2015 Erfurt bei NPD-Demonstration in Erfurt

Katja Arlt (VIP Schild) mit der Neonazi-Band „A3stus“ am 1. Mai 2015 Erfurt bei NPD-Demonstration in Erfurt

Rene Dittebrandt mit T-Shirt der NPD-Jugendorganisation "JN"

Rene Dittebrandt (VIP Schild) mit T-Shirt der NPD-Jugendorganisation „JN“

Rechte Hand von Firmengründer Schild: Christian Jäger mit Verbindungen zur Neonazi-Szene

Rechte Hand von Firmengründer Schild: Christian Jäger mit Verbindungen zur Neonazi-Szene

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis für Veranstalter: Sofern hier genannte Personen ihre Facebook-Profile nachträglich bereinigen sollten, liegen von allen vollständige Sicherheitskopien vor und können über unser Kontaktformular angefragt werden.